Silvester in Puerto Rico

GenerationAktionismus

von GenerationAktionismus

Story

Ich hatte emotional genug von allem. Weihnachten stand vor der Tür, eine Zeit, die ich normalerweise lieber skippe. Doch heuer war es mir möglich zu flüchten. Eine schwedische Freundin fragte mich, ob ich mit ihr über Silvester nach Puerto Rico fliegen möchte. Ihre Reisebegleitung war kurzfristig ab- und ich hingegen spontan eingesprungen. JACKPOT!

10 Tage, wenig Geld und 2 junge Mädels mit dem Drang, die Welt zu erobern sind die Anhaltspunkte. Ich habe den Jahreswechsel noch nie auf einem anderen Kontinent gefeiert, noch nie in der Wärme, noch nie ohne meine Familie oder Freunde von zuhause.

Unsere Naivität bestätigte sich in zwei Punkten: 1. Lage des Hotels und 2. unsere zu dem Zeitpunkt oberflächliche Freundschaft. Der Flughafen war näher als alles andere. Ohne Auto waren wir auf der Insel so gut wie aufgeschmissen. Außerdem erschwerten unterschiedliche Wertesysteme bzw. verschiedene Interessen einen harmonischen Urlaub.

Obwohl unser Umgang teilweise holprig war und wir uns des Öfteren anschwiegen, weil uns der Gesprächsstoff ausging, war es seltsamerweise eine der besten Urlaubserfahrungen, die ich bis dato gemacht habe.

Ich verbinde diesen Trip mit viel Aufregung und Ausgelassenheit. 10 Tage Probleme loslassen, im Moment leben, kindlichen Spaß haben und viel lachen. Unser Hotelzimmer diente lediglich als Lagerung für unsere Koffer und das Bett für die paar Stunden Schlaf. Wir ließen uns auf das Land und die Leute ein. Das ist das Geheimnis einer intensiven Erfahrung: Kein Tourist im herkömmlichen Sinne zu sein, sondern zulassen, was sich dort offenbart.

So kam es, dass wir am ersten Abend in einem Club zwei Puerto Ricaner kennenlernten. Was sich zunächst nur als flüchtige Begegnung anfühlte, war im Endeffekt die Rettung unseres Trips.

Sie hatten ein Auto und Lust, uns „ihre Insel“ zu zeigen. Wir waren sehr neugierig und wollten so viel wie möglich von dieser Reise profitieren.

Ein Abend endete mit Lagerfeuer am Strand. Außerdem buchten die Jungs für eine Nacht ein Zimmer in einem wunderschönen Hotel, wo uns aber nur blöde Wetten einfielen und das Personal sicher keine Freude mit uns gehabt hat.

„So unbeschwert war ich zuletzt in meiner Teenagerzeit“, sagte meine Freundin einmal im Auto zu mir. Ich musste lächeln und nickte verständnisvoll. Ich wusste genau, wie sie sich fühlte.

Der krönende Abschluss war ein Ausflug mit den Jungs zu einem zwei Stunden entfernten Regenwald mit Wasserfall. Wir wanderten in der Hitze einen geschlängelten Pfad entlang, bis wir endlich mit Gewandt ins kühle Nass springen konnten. Am Heimweg hielten wir an einer „Imbissbude“, wo ich im Leben nie angehalten hätte und gönnten uns richtiges puerto-ricanisches Essen. Es sah zwar nicht appetitlich aus, schmeckte aber – nach dem anstrengenden Tag – einfach göttlich.

Obwohl ich fast keine Fotos in meinem Archiv gefunden habe, war der Trip unvergesslich. Je weniger Zeit man für Fotos hat, desto intensiver genießt man das wahre Leben.

© GenerationAktionismus 2019-07-01

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