von Michael Schaake
Silvester 1974/75 in Singapur, das erste Mal im Leben, dass ich mit einer Waffe bedroht wurde. Ich feierte mit Freunden und Kollegen bei einem Bankett im Hyatt Hotel. Nach dem Dinner zogen wir weiter zur Bugis Street, angesagter Night-Spot in der Stadt, berühmt für die hübschen Transvestiten und Drag Queens, viele Restaurants und Bars, Chinese food und exotisches Ambiente, alles open air im tropischen Singapur.
Wir saßen in einem Café bzw. davor auf der Straße, als ein Mann auftaucht und mit einer Pistole die Drag Queen des Jahres Sara attackiert, sehr nette und sympathische Person, sie sitzt neben mir am Tisch, es fallen Schüsse. Wir verstecken uns zuerst unter den Tischen, werfen uns dann, wie James Bond mit Stühlen bewaffnet dazwischen und können den Mann festhalten, bis die Polizei kommt und ihn festnimmt. Verletzt wurde niemand. Wir wurden nicht mal vernommen, die Party ging weiter. Andere Zeiten, heute unvorstellbar. Leider wurde der Betrieb in der Bugis Street Ende der 70-er eingestellt, ist heute eine Shopping Mall.
Man muss dazu sagen, sowas war eine absolute Ausnahme. Singapur war und ist eine der sichersten Städte der Welt. Die Regierung und die Mehrheit der Gesellschaft legen großen Wert auf Disziplin, Law & Order, geht nicht zimperlich um mit Menschen, die sich nicht an die Regeln halten. Schon in der 70-er Jahren standen auf der Einkaufsmeile Orchard Road Aschenbecher auf der Straße, und wer eine Kippe auf der Straße entsorgte, musste Strafe zahlen, 50 Singapur Dollar.
Ich mochte die Stadt und die Menschen sehr, ein Jahr später: Ich verliebte mich in meine Kollegin Lily, Ringe, Verlobungsparty, mit ihrer großen Familie im Hyatt, gesponsert vom Chef des Hauses. Sehr gut verstand ich mich mit ihrem älteren Bruder John, schneidiger Polizeioffizier, er nahm mich mit in den Schießclub, brachte mir bei, wie man mit Waffen umgeht.
Mein nächster Job führte mich nach Spanien, natürlich mit Lily. Schöner Start in eine gemeinsame Zukunft, ein Erlebnis für sie, Spanien kennenlernen, Torremolinos, Granada, die Sierra Nevada, zum ersten Mal im Leben Schnee! Ich lernte fleißig mit ihr Mandarin, sie leider nicht Deutsch oder Spanisch. Es ging nicht gut, sie vermisste ihre Heimat und Familie, noch keine E-Mails, WhatsApp oder Video-Chats, telefonieren war kein Ersatz, brachte nur Tränen. Sie war unglücklich, flog zurück nach Hause.
Nachbetrachtung: wir waren sehr verliebt, jung und etwas naiv, ich als der ältere und erfahrenere hätte das vielleicht vorher sehen sollen. Sie schickte mir noch eine Postkarte: Ich liebe Sie! Dann brach der Kontakt ab, meine Briefe wurden nicht beantwortet, wenn ich anrief, wurde aufgelegt. Aber Bruder John ließ mich über eine Kollegin in Singapur wissen, er bringt mich um, wenn er mich erwischt: You are my friend, I kill you for nothing. Sehr günstiges Angebot, wollte ich lieber nicht ausprobieren, ich blieb zwanzig Jahre weg von Singapur.
Foto mit Sara Silvester 2024/25
© Michael Schaake 2020-12-31