Sinnbild

Shelly Further

von Shelly Further

Story

Im letzten Jahr verbrachte ich drei Wochen mit einer Freundin auf Bali. Bikini an, nur ein Shirt übergeworfen wurden wir direkt am Strand des Hotels für eine Delfin-Bootstour abgeholt. Nur wir beide und der Kerl der das Boot fuhr. Zugegeben, als ich sah, wie viele kleine Boote dort schon nahezu auf jagt, nach Delfinen waren, bereute ich unsere Fahrt. Ich liebte Tiere und das erschien mir absolut nicht richtig. Ich schwor mir selbst solche Ausflüge in Zukunft mehr zu hinterfragen. Also ab ins Wasser, dort festhalten und der Fahrer fuhr in die Richtung in der Delfine zu sehen waren. Ein Traum. Kopf unter Wasser. Nur die Geräusche des Meeres und die scheinbar vergnügten Rufe der Delfine. Schön auf die Atmung konzentrieren, weil: wie oft atmet man schon durch einen Schnorchel, wenn tauchen nicht gerade das Hobby ist. Meins war es nicht, also: konzentrieren. Recht schnell musste ich feststellen, dass sowohl das Festhalten während der Fahrt sehr anstrengend war als auch, dass sich die Geschwindigkeit im Wasser deutlich schneller anfühlte als auf dem Boot. Über Wasser realisierte ich, dass wir uns doch recht langsam fortbewegten. Ich sah Delfine und freute mich und schämte mich das ich mich freute, weil ich diese Tiere in ihrer Welt belästigte. Doch schnell konnte ich mich auf nichts dergleichen mehr konzentrieren, denn während ich mich mittlerweile damit abgefunden hatte, dass mein Bikinioberteil höchstens noch meinen Bauchnabel bedeckte aber gewiss nicht meine Brüste, spürte ich inzwischen wie mein Bikinihöschen Wort wörtlich am seidenen Faden hing. Ich signalisierte dem Fahrer, dass ich die Leiter bräuchte um herauszukommen.„Wait, dolphins over there“ antwortete er lediglich. Durchhalten lieber Bikini, dachte ich. Er gab also Gas und während sich die Geschwindigkeit mit falsch sitzendem Oberteil und zu zerreißen drohenden Höschen mittlerweile anfühlte wie 70km/h geschah es natürlich. Das Höschen riss, ich konnte es in letzter Sekunde noch mit meinen Füßen festhalten während der Fahrer unermüdlich Gas gab und meinen leichenblassen blanken Arsch nicht wahrzunehmen schien. Minuten fühlten sich an wie Stunden, nahezu nackt umgeben von unzähligen Booten mitten auf dem Indischen Ozean. Ich signalisiere erneut, dass ich die Leiter bräuchte und hielt triumphierend mein gerissenes und nicht mehr zu rettendes Höschen in die Luft. Ich lachte, meine Freundin lachte, der Fahrer starrte mich fassungslos an. Wie ich da hing mit meinen nackten Brüsten, dem Oberteil, wo auch immer es hing und dem Höschen in der Hand. Klasse. Natürlich hatte ich beim Aufbruch nur ein Shirt übergezogen. Ich hasste Hosen und liebte jede Gelegenheit keine tragen zu müssen. Jetzt bereute ich es allerdings. Meine Freundin hatte glücklicherweise ein Kleid getragen, welches sie mir ins Wasser warf und ich umständlich mit den Beinen paddelnd überwarf. Ich schleppte mich im nassen Kleid und ohne Höschen auf das Boot. Anschließend ertönte Applaus und wildes Rufen. Vor meinem geistigen Auge sah ich bereits wie unzählige Menschen auf anderen Booten meine Miesere beobachtet hatten und sich nun schlapp lachten, Erleichterung: Der Applaus galt nicht mir. Ein paar Boote weiter bekam eine Frau einen Heiratsantrag. Und während ihr künftiger Mann auf den Knien vor ihr hockte und strahlend den Ring entgegenhielt und sie begeistert „Ja“ rief und anfing vor Freude zu weinen, saß ich auf diesem Boot. Unten ohne. Mit meinem gerissenen Höschen. Welch Sinnbild für mein Leben, dachte ich und zündete mir eine Zigarette an.

© Shelly Further 2025-05-01

Genres
Romane & Erzählungen