Als wir in Oslo landeten, war es mit 16 Grad kühl für Ende Juni, es nieselte leicht und ein frisches Lüftchen wehte, aber man ist schließlich selbst schuld, wenn man im Sommer in den hohen Norden reist. Aber mein Sohn und ich waren gut ausgerüstet und so war die Stadtbesichtigung recht angenehm. Abends besuchten wir noch die Sprungschanze auf dem Holmenkollen, denn wir wohnten im Hotel gleich daneben. Jacke und Schal taten ganz gut, aber es begann schon aufzuklaren, die phantastische Fernsicht über die ganze Bucht von Oslo war ungetrübt.
Den nächsten Tag verbrachten wir bei angenehm lauem Wetter in Oslo, tags darauf brachen wir Richtung Norden auf. Schnell wurde es sehr sonnig und so warm, dass mein Sohn sich noch vor der kurzen Wanderung zum Briksdalgletscher eine Schirmkappe kaufte, denn so etwas hatte er nicht mit. Statt dessen hatte er drei warme Strickhauben im Gepäck.
Unser Weg führte uns immer weiter in den Norden. Als wir den Polarkreis überquerten, hatte es 28 Grad. Die Rentiere lagen auf den wenigen verbliebenen Schneeflecken. Wir packten unsere Koffer um, sodass wir einen gemeinsamen Koffer für die Sommersachen hatten, während wir die Fleecepullis, Schals, Hauben, Handschuhe und Regenjacken im anderen Koffer verstauten. Den öffneten wir nur mehr, um etwas Schmutzwäsche dazu zu stopfen.
Auf den Lofoten und in Tromsö gingen wir spätabends im T-Shirt spazieren. Auf den beiden Etappen, die wir per Schiff der Hurtig-Route fuhren, suchten alle Passagiere an Deck den Schatten der Sonnensegel, sonst hätte ein Sonnenstich gedroht.
Schließlich kamen wir auf der Nordkapinsel in einer Hotelanlage an, die vorher das Olympische Dorf der Spiele in Lillehammer gewesen war und die man hier wieder aufgebaut hatte. Von dort ging es spätabends mit dem Bus zum Nordkap. Wir verbrachten wunderbare Stunden bei ganz klarer Sicht auf die Mitternachtssonne, um 1 Uhr nachts hatte es bei völliger Windstille 19 Grad. Unsere Reiseleiterin, eine in Nordschweden lebende Deutsche, erzählte uns, sie sei schon über 100 Mal am Nordkap gewesen und habe dort schon oft schönes Wetter bei 14 oder 15 Grad erlebt, niemals zuvor aber 19 Grad.
Wir hingegen erinnerten uns an die Erzählungen von Bekannten, die am Nordkap Stürme, Regen, Nebel und Schneeschauer erlebt hatten, manche hatten die Mitternachtssonne gar nicht gesehen. Ich hingegen kam mit einem leichten Jäckchen aus, die kleinen Kinder liefen im T-Shirt herum.
Unser Weg Richtung Süden führte uns dann durch Finnland, der Besuch beim Weihnachtsmann in Rovaniemi fand bei knapp 30 Grad statt. Uns gingen langsam die sauberen T-Shirts aus und mein Sohn war froh, überhaupt eine kurze Hose mitgenommen zu haben.
Es blieb die ganze Zeit so warm. Kaum ein Wölkchen am Himmel, kein Tropfen Regen, nur beste Sicht zuerst auf die wunderbaren Berge Norwegens, dann auf die finnischen Wälder. Die nächtliche Überfahrt von Helsinki nach Stockholm zeigte uns ein spiegelglattes Meer. Stockholm flirrte vor Hitze.
© 2021-11-09