Sniffie, Waldi, Fips und Co.

Mariefu

von Mariefu

Story

Meine Lieblingspuppe hieß Hannelore, so wie meine Patentante. Sie war eine fröhliche schicke Frau. Leider vergraulte mein Vater sie, keiner kam mit ihm zurecht. Meine Puppe Hannelore war immer da und das tröstete mich. Ich liebte Hannelore, beide. Ich nahm meine Puppe fast überall mit hin. Sie hatte hübsche, von Mutter selbst genähte, bunte Kleidchen. Ihre Lieblingsspeise waren natürlich Großmutters XXL-Hefeklöße, die ich auch so gerne aß.

Hannelore ging an dem Tag verloren, als wir fluchtartig in eine neue Wohnung zogen. Sie war einfach verschwunden und niemand wusste wohin. Auch in der alten Wohnung fand ich sie später nicht mehr. Zum Glück fand ich in den Umzugskartons wenigstens die kleine karierte Decke, mit der ich Hannelore jeden Abend zudeckte. Diese kleine Decke besitze ich noch, sie ist inzwischen durchgewetzt, aber immer bei mir, da wo ich schlafe.

Fips hieß der kleine Affe meiner jüngsten Schwester und sie ging lange Zeit nirgends ohne ihn hin. Ein ebenso treuer Begleiter war ihr kleiner brauner Stoffdackel Waldi. Ach wie sehr wünschten wir drei Mädels uns einen echten Waldi. Einen, der bellt, die Hände leckt und mit dem Schwanz wackelt.

Unsere mittlere Schwester besaß einen mittelgroßen Hasen mit langen Schlappohren. Das war Sniffie. Sie hing an ihrem Hasen wie wir anderen an Waldi, Fips und Hannelore. Sniffie war ihr Stimmungsbarometer. Manchmal konnte man meinen, wenn es Sniffie nicht gäbe, würde meine Schwester keinen Atemzug mehr nehmen, und beinahe wäre das Drama dann Realität geworden.

Wir spielten an einem Bach, dessen Wasser vom Regen angeschwollen war. Mutter warnte uns immer, wir sollten nicht zu nah ans Wasser gehen, deshalb blieben wir an diesem Tag oben an der Mauer, unter der das Wasser im Tunnel verschwand. Auf der anderen Seite einer großen Kreuzung trat das Wasser wieder aus. Sniffie lag auf der Mauer und wir hüpften fröhlich an der Mauer entlang.

Plötzlich ein Schrei, Sniffie war weg. Wir sahen gerade noch seine langen Ohren aus den Fluten ragen und da verschwand er im Tunnel. Schnell liefen wir wie wild geworden zwischen den Autos auf die andere Seite ans Ende des Tunnels und hofften, Sniffie würde wieder auftauchen.

Wir warteten, spähten, traten von einem Fuß auf den anderen, hofften. Vergeblich. Wir suchten noch lange auf beiden Seiten des Tunnels und liefen mit der Strömung den Bach entlang. Aber Sniffie befand sich schon auf seiner eigenen Reise, irreversibel. Wir gingen traurig nach Hause. Meine Schwester war untröstlich vor Kummer und obwohl sie einen Ersatzhasen bekam, war er einfach nicht Sniffie.

So verloren wir beide das liebste Spielzeug, aber wir hatten ja noch Fips und Waldi. Und uns. Und Opa Bär, der heute noch bei mir ist. Opa Bär kennt mein ganzes Leben und mit seinem verbliebenen Auge zwinkert er mir zu, wenn ich mich abends schlafen lege. Und ich zwinkere mit müden Augen zurück.

Gute Nacht Opa Bär.

© Mariefu 2020-01-19