Somatisierung.. was?!

Sarah Wustinger

von Sarah Wustinger

Story

Es ist schwer, das alles in Worte zu fassen, aber ich muss es tun. Weil es die einzige Möglichkeit ist, endlich gehört zu werden. Ich bin es leid, als „somatoform“ abgestempelt zu werden, als jemand, der sich eine Krankheit ausdenkt, die längst anerkannt ist. Sie existiert. Sie ist real. Und sie frisst mich auf.

Jeden Tag kämpfe ich mit Symptomen, die mein Leben zerstören, doch statt Hilfe ernte ich nur Ignoranz. „Vielleicht haben Sie einfach Depressionen?“ – „Das ist sicher nur Stress.“ Solche Sätze höre ich immer wieder, als wäre mein Leiden nichts weiter als ein Hirngespinst. Als wĂĽrde ich mich absichtlich in diesem Albtraum festhalten. Doch ME/CFS ist keine Kopfsache. Mein Körper schreit nach Hilfe, doch niemand hört hin.

Das Schlimmste? Es gibt keine objektiven Tests. ME/CFS wird durch Ausschlussverfahren diagnostiziert, was bedeutet: Jede Untersuchung, jeder Arztbesuch bringt nur neue Enttäuschungen, denn wenn es keine organischen Nachweise gibt – Somatisierungsstörung. Ich werde von Praxis zu Praxis geschickt, nur um am Ende mit leeren Händen dazustehen. Statt Unterstützung bekomme ich Bewegungstherapien empfohlen, die meine Symptome verschlimmern. Psychotherapien, als wäre meine Krankheit bloß ein mentales Problem. Doch es ist nicht meine Psyche, die mich lähmt – es ist ein Körper, der nicht mehr funktioniert, sondern mich verrät.

Aber das ist noch nicht alles. Der wahre Horror beginnt, wenn das System dich im Stich lässt. Ich bin zu krank, um zu arbeiten, doch zu „gesund“, um Unterstützung zu bekommen. Keine Berufsunfähigkeitspension. Kein Rehageld. Kein Entgegenkommen. Stattdessen werde ich als arbeitsfähig eingestuft, als könnte ich ein normales Leben führen, während ich oft nicht mal die Kraft habe, zu duschen. Ich habe Long Covid als Berufskrankheit anerkannt bekommen. Eine offizielle Bestätigung, dass mein Körper durch eine Infektion dauerhaft geschädigt wurde. Doch selbst das interessiert niemanden. Die Behörden verweigern mir jede weitere Hilfe. Wie kann es sein, dass ich auf dem Papier krank genug bin, die Berufskrankheit anerkannt zu bekommen, aber nicht krank genug, um Unterstützung zu bekommen?

Ich habe Einspruch erhoben. Geklagt. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht. Nichts hat sich bisher geändert. Kein Einspruch, keine Klage hat etwas bewirkt. Ich bin eine von vielen, die verzweifelt um ihre Rechte kämpft – nur um immer wieder abgewiesen zu werden. Und das macht mich wütend. Verzweifelt. Hilflos. Wie lange müssen wir noch als Simulanten abgestempelt werden, während unser Leben zerfällt?

Die Gesellschaft sieht uns als faul, überempfindlich. Sie verstehen nicht, wie es ist, jeden Tag gegen den eigenen Körper zu kämpfen. Zu wissen, dass nichts helfen wird. Sie wissen nicht, wie es ist, in einem System gefangen zu sein, das einen längst aufgegeben hat.

Aber ich werde nicht aufhören. Ich werde weiter kämpfen. Weil ME/CFS real ist. Und es wird Zeit, dass es endlich anerkannt wird.

© Sarah Wustinger 2025-02-24

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Biografien
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Herausfordernd, Emotional, Hoffnungsvoll, Informativ, Traurig
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