von Sophia Birkmann
Sie drückte erschöpft ihr Gesicht an die kalte Scheibe. Die Vibration des Wagens rüttelte an ihrem Gesicht und hielt sie davon ab, einzuschlafen. Sara versuchte durch das von innen spiegelnde Glas nach draußen zu blicken. Bei Nacht war die Welt so friedlich. Alle Dinge, alle Probleme, alle Menschen, jedes noch so kleine Bild, welches der Tag zurückgelassen hatte, verschwammen in der Dunkelheit zu endlosem Schwarz, flossen hinaus in das allzeit finstere Universum. Die einzigen Lichter, die die Dunkelheit durchbrachen, waren rote Lampen, von bremsenden Autos, wie Schlieren glänzenden Blutes spiegelten sie sich auf der feuchten Straße. Und die Sterne leuchteten. Einsam, auf ewig dazu verdammt, alle Leiden und Freuden der Erde zu betrachten und des ganzen Kosmos. Sterne. Sonderbare Wesen. Ganz und gar sonderbar. Wenn den Sternen eines Tages das Leben eingehaucht würde, was würden sie wohl sagen? Mensch, sei verdammt! Mensch, Schande hast du über uns gebracht! Oder nicht? Mensch, kehr heim zu uns! Du bist wie wir! Mensch zu sein hieß schon immer, Teil des Universums zu sein. Wie die Gedanken verschwimmen auch wir im endlosen Nichts, sind Nichts unter den Sternen, den einsamen Sternen. Leise schallte I’m like a Bird aus den Lautsprechern und kündigte den Beginn des Mitternachtsprogramms an. Wie ein Vogel…
Sara schmunzelte. Hinauffliegen möchte ich. Zu den Sternen. Gibt es nicht eine Legende, dass man zu einem Stern wird, wenn die Seele den Körper verlässt? Die Sterne sind nicht tot. Sie schlafen nur. Sara dachte es mit solcher Gewissheit, dass sie sich selbst überraschte. Als hätte ich es immer gewusst. Vielleicht weißt du es ja. Sie schreckte aus ihrer Träumerei heraus. Fast so, als hätte mir jemand geantwortet. Hm, vielleicht waren es nur die Sterne.
© Sophia Birkmann 2024-01-04