von CosimaHasiba
Meine Freundin beklagte sich, dass sie mittlerweile, wie ein chinesischer Faltenhund aussehe und fragte, wie ich Runzeln und Falten im überschaubaren Ausmaß gehalten hätte. Abgeklärt wie ein Supermodel, log ich: „Wasser, Sport und kein Solarium!“ Sie gestand, dass sie das mit der Sonnenbank früher übertrieben habe und lobte mich, wegen meines Weitblicks, früher hatten doch alle Bräune mit Gesundheit verwechselt. Milde nickte ich ihr zu und verschwieg, dass eigentlich ein Trauma zur Absenz vom Proletengrill geführt hatte.
Es war eine tiefdunkle Nacht, als ich vor vielen Jahren das örtliche Münzsolarium aufsuchte. Schwangerschaft und durchwachte Nächte hatten meinen Körper in vornehme Blässe getaucht und reichlich Dehnungsstreifen hinterlassen. Eine Auszeit unter künstlicher Sonne würde mich nicht nur fitter erscheinen lassen, sondern auch meine Stimmung aufhellen. Während meiner Metamorphose vom bleichen Nosferatu zur knackigen Strandbarbie wollte ich auf Mitwisser verzichten und betrat die Räumlichkeiten eine halbe Stunde vor dem Geschäftsschluss um 22:00. Ich warf Münzen für 30 Minuten ein und war, kaum dass ich unter der Lichtpaneele lag, eingeschlafen.
Als die Zeit um war, verstummte das Gebläse. Stille und Dunkelheit umgaben mich. Ich tastete nach dem Öffnungsschalter. Waren da Schritte gewesen? Noch ein Kunde um diese Zeit? Unmöglich. Hastig zog ich mich an. Kein Laut. Vielleicht doch nur Einbildung? Ich beugte mich hinunter, linste unter die Trennwand und starrte auf ein Paar Arbeitsschuhe, geschätzte Größe 44. Mein Herz raste. Ich versuchte Abwehrszenarien des Einsatztrainings vor der Babypause abzurufen, aber die Hormone hatten nicht nur meinen gestählten Körper in eine Milchfabrik mit Kuschelfaktor verwandelt, sondern auch meine Gehirnzellen mit Babyprogramm zugespammt.
Ohne das Solarium vorschriftsmäßig zu reinigen, ging ich aus der Kabine und stand einem Hünen mit schütterem Haar und verschlagenem Blick gegenüber. Durch das Fenster sah ich einen weißen Kastenwagen stehen. Als Experte für Serienkillerfilme wusste ich genau, was das bedeutete: Bald würde ich gefesselt und geknebelt im Laderaum liegen. Mein Mann, der sicher wieder vor dem Fernseher eingeschlafen war, würde mich erst morgen vermissen.
Nur keine Schwäche zeigen. Vielleicht könnte ich ihn in ein Gespräch verwickeln, ihm zeigen, dass ich ein liebens- und lebenswertes Wesen bin.
„Finden Sie nicht auch, dass es hier fürchterlich dreckig ist?“
Dem Killer stockte der Atem. Gerade, als ich diesen Moment zur Flucht nutzen wollte, stellte er sich mir in den Weg.
„Jetzt hören Sie aber zu. Erst muss ich auf die Gnädigste warten, bis sie aus der Kabine kommt, damit ich endlich zu sperren und mit dem Putzen anfangen kann, dann desinfizieren Sie ihre vollgeschwitzte Glasplatte nicht und mir wollen Sie sagen, es sei hier dreckig?“
Er gab den Weg frei, deutete in Richtung Ausgang.
„Sie haben hier Hausverbot. Blöde Keife!“
© CosimaHasiba 2023-01-08