Sonntag im Reihenhaus

Valerie Vonroe

von Valerie Vonroe

Story

Kaum öffnete ich die Türe ratschte mein Handy und unterbrach meine Sonntagsruhe. Am Display stand „Erika“, das bedeutete nichts Gutes. Aber weil heute bei mir alles so gut gelaufen war, wollte ich der Welt, also ihr ein bisschen Zufriedenheit zurückgeben. Sie rief mich aber verlässlich nur dann an wenn es ihr schlecht ging, also männermäßig. Das würde heute nicht anders sein – Hallo… stell dir vor was mir gestern passiert ist,… Grüßen war nicht so ihr Ding, die höfliche, wie banale Standardfrage – wie geht es dir – völlig unnötig. Sie kam gleich zur Sache, ihrer Sache.

Zum tausendsten Mal hatte sie endgültig genug vom Gebrauchtmännermarkt, gestern hatte sie mit XY, den Namen muss man sich nicht merken – das dritte Date. Sie war eingeladen zu einem Abendessen in seinem Haus am Stadtrand von Wien.

Mit meiner freien Hand schenkte ich mir ein Glas Prosecco ein, das werde ich brauchen. Also er hatte erzählt von einem Haus mit Garten und Pool. Sie sah sich schon zwischen einer Blumenpracht in venezianischen Steingefäßen gefüllten exotischen Flora, Palmen, superschicken Gartenmöbeln mit daneben platzierter Champagnerschale am Fuße der Freitreppe in der Sonne liegen. Aber es kam ganz anders, sämtliche Restillusionen lösten sich in Luft auf als er sich vor dem kleinen, unauffälligen Reihenhaus einparkte.

Dabei hatte sie natürlich vorher die Sache gecheckt. Aber die Adresseangabe an der Ecke von… hatte zwei Ecken, wie alles im Leben zwei Seiten hat. Klar hatte sie automatisch das große, wenn auch sehr puristische Haus an der linken Ecke als ihr zukünftiges Domizil betrachtet. Hinter so glatten Fassaden verbarg sich oft das wahre Paradies. Das Haus an der rechten Ecke war eine Reihenhaussiedlung der Nachkriegszeit, also ein Miniaturhaus, das den Namen Haus nicht verdiente.

Und für DAS hatte sie noch hundert Euro investiert. Seine Einladung hatte ihr deutlich gezeigt, dass er sein Nähe-Distanz-Problem endgültig überwunden hatte und er Tür und Tor öffnete für ein gemeinsames Leben in seinem Chalet wie er diese Kascheme beim ersten Date genannt hatte. Und da hatte sie sich großzügig gezeigt und ihn zu einem Brunch in einem Nobelhotel eingeladen. Eine gute Investition in ihre Zukunft, die sich jetzt in Luft auflöste während sie das kleine quietschende Gartentor mit der Thujenhecke durchschritt.

Der Holzkohlengriller dĂĽrfte auch ein Original seiner Eltern sein. Während er ihr mit den Worten – mach es dir gemĂĽtlich in meinem kleinen Paradies – eine zerschlissene Retrosonnenliege zurechtruckelt baute sich vor ihr im Nachbargarten ein fettes Kind auf.

Ich bin Aladin sagte der Fette, mit einem Akzent von, ja egal. Wer du?? GekĂĽnstelt arrogant wollte Erika ihre gefakte Gucci Sonnenbrille wortlos auf die Nase gleiten lassen, aber die war leider im Auto geblieben.

Er spukte demonstrativ auf den Boden – alle Weiber von ihm sind nie wieder gekommen, kommst du wieder? Ein akuter Brechreiz ließ sie abrupt von der Liege hochschnellen.

Weg!!

© Valerie Vonroe 2020-09-29

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