Sorry, das ist privat …

Solandra

von Solandra

Story

Dieses Thema lief mir in den letzten Tagen mehr als einmal über den Weg. Das letzte Mal in Form eines Zitats: “Whatever makes you happy in your life, keep it private.” Was immer Dich in diesem Leben glücklich macht, behalte es für Dich, halte es privat.“

Im Angesicht der sozialen Medien und der Millionen von tagtäglichen Posts, fast schon ein Relikt aus einer anderen, fernen Welt. Privates scheint in diesen digitalen Zeiten erst dann einen Wert zu erhalten, wenn es auch online sichtbar ist. Für alle und für jeden. Willkommen auf dem Planeten des schönen Scheins.

Privat oder öffentlich ist im Grunde ein ganz großes Thema. Es hat mit Rechten und Pflichten zu tun. Oder mit bewusst gestalteter Freiheit. Stellen wir uns einen Verein vor, in dem bezahlte und ehrenamtliche Kollegen zusammenarbeiten. Eine Kollegin, seit kurzem MIT Arbeitsvertrag, beschrieb eine Situation wie folgt. Es ging um einen leidlich unbeliebten Zeitgenossen bzw. Kunden. Und die Kollegin meinte, als Volunteer habe sie ihn einfach ignoriert. Aber nun, als Mitarbeiterin mit Gehalt, könne sie das nicht mehr. Sie habe sich vertraglich verpflichtet, sich um die Belange des Vereins zu kümmern. Inklusive der eher unangenehmen Aufgaben. Dafür werde sie bezahlt. Ich dachte darüber nach und beneidete sie nicht.

Im Laufe einer anderen Unterhaltung ging es um die Welt der Smartphones. Eine kritische Userin warf ein, dass ihr folgendes passiert sei: Sie war mit Freundinnen unterwegs, die Phones wie fast immer eingeschaltet, man plaudert über dies und das. Und zuhause entdeckt sie auf ihrem Display eine Reihe von Werbeeinblendungen zu genau DEN Themen, über die im privaten Kreis gesprochen worden war. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Ich erinnerte mich in diesem Zusammenhang an den ironischen Kommentar eines Physikers, der meinte, dass die Smartphones in den allermeisten Fällen smarter seien als ihre User. Er könnte recht haben.

In unserem Familien- und Freundeskreis haben wir ein Ritual eingeführt. Unsere Smartphones wandern ausgeschaltet in den Safe, bevor wir die privaten Räumlichkeiten des jeweiligen Gastgebers betreten. Die Zahl der Teilnehmer hat sich entsprechend verringert, wodurch jedoch niemand einen ernstzunehmenden Schaden erlitten hat.

Ein benachbarter Hobbykoch hat die Idee weiter entwickelt und kocht auf seiner Quinta ein- bis zweimal pro Monat für seine Freunde. Teilnahme ausschließlich per Einladung. Also privat. Auch hier bleiben die geliebten digitalen Begleiter im Safe. Was für ein Unterschied! Ein Dinner ohne das Phone gleich parallel zu Messer und Gabel, ohne Klingeltöne und ohne Zwang, das Display schon fast automatisch auf den Eingang neuer Nachrichten hin zu überprüfen.

Es geht im Grunde um Prioritäten. Indem wir versuchen, uns über DAS klar zu werden, was uns wirklich wichtig ist. Erstens, zweitens, drittens. Alles andere führt zu oberflächlichem Multitasking oder noch schlimmer, zu einem Leben ohne wirklichen Genuss.

© Solandra 2022-08-10

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