von SusiPorter
Ich saß am Klo, mein liebster Ort, wo ich ungestört meine Ruhe haben konnte. Es war Sommer, der Sommer bevor ich in die Volksschule gehen sollte. Meiner Klositzung war wohl ein Gespräch mit meiner Mutter über dieses Thema voraus gegangen.
Jetzt hatte ich mich endlich an den Kindergarten gewöhnt, Freunde gefunden, mochte die Tante Margit – und jetzt sollte ich dort nie wieder hingehen.
Die Lehrerin in der Volksschule malte ich mir als leibhaftiges Schreckensmonster aus. Sicher eine ganz strenge Person, wo man immer tun muss, was die sagt.
Der Ernst des Lebens. Vorbei mit spielen, dafür gibt es Noten. Man muss gut sein, sonst …
Panik überkam mich, ganz schrecklich würde das werden. Ich begann zu weinen vor lauter Entsetzen.
Da fiel mir plötzlich ein, ich hatte die Frau Lehrerin ja bereits kennen gelernt! Es gab eine kleine Aufgabe zu lösen, die war leicht, und sie war sehr nett zu mir gewesen. Sie hatte goldenes, gewelltes langes Haar und eine angenehme Stimme gehabt.
So ein Glück. Dann wird es hoffentlich gut werden dort!
Irgendwann war es dann soweit: Meine Schultüte war rot und größer als die von der Clarissa. Es wurden auch Fotos gemacht, schon damals wollte ich das nicht. Die kleine Wuteinlage meines Vaters ist anhand meines Gesichtsausdrucks gut dokumentiert. Vor dem Unterricht mussten wir vor der Schule in Zweierreihe Aufstellung beziehen, hier wurde das auch später noch obligatorische „Grüüüß Gottt“ zum Grüßen des Herrn Direktors abgehalten.
Damit begann eine der schönsten Zeiten meines Lebens. Meistens gingen wir zu Fuß zur Schule, es war nicht sonderlich weit. Clarissa hat mich immer abgeholt und wurde Zeugin der morgendlichen Gewaltanwendung meiner Mutter, die meine Haare bürsten wollte. Am Schulweg haben wir uns oft eine Wurstsemmel um 4, später um 5 Schilling gekauft (und je nachdem, ob mit 2 oder 3 Scheiben Wurst). Als die Fleischhauerei zugesperrt hatte, waren wir dann immer beim Bäcker. Wenn ich heute dort einkaufe, sieht es noch aus wie damals. Es ist wie eine Zeitreise. Und statt das ich wie früher ein “narrisches Schwammerl” geschenkt bekomme, gebe ich der Tochter der alten Bäckerin immer extra Trinkgeld.
Die Hausübung haben wir oft gleich am Heimweg gemacht, zumindest im Sommer, dann war der Rest des Tages frei. Zu lernen gab es eher selten etwas, zumindest habe ich das so in Erinnerung. Im Winter lag manchmal so hoch Schnee, dass wir kaum durchkamen. Einmal hatten wir Glück, da kam ein Auto mit zwei jungen Männern zu nah an den Randstein, der Reifen platzte und das Auto fuhr quer über den Gehsteig, knapp vor uns.
Weil die Schultaschen später so schwer waren, das war ein großes Thema damals, haben wir uns verschiedene Lösungen überlegt. Eine war, die Schultaschen an einem Autoabschleppseil aufzuhängen und so zu tragen. Eine von uns ging vorne mit dem Seil in der Hand, eine hinten. Bis heute weiß ich noch, es war der anstrengenste Schulweg in den ganzen vier Jahren!
© SusiPorter 2020-10-27