von Lisa Fürmkranz
Ich bin erschöpft. Es ist ein steiniger, grauer und langer Weg der mich erwartet. Ich sehe mich um und versuche etwas zu erblicken, was mir einen Anhaltspunkt liefern könnte. Links von mir erheben sich majestätische, dunkle Bäume, deren Baumkronen alle Sonnenstrahlen absorbieren. Ich glaube nicht einen Sonnenstrahl zu erkennen, der es zum Boden schafft. Die Blätter rasen zu Boden als wären es Steine. Als würden sie davor fliehen, weiterhin Teil des Organismus zu sein. Kaum am Boden angekommen verfärben sie sich braun und zerfallen zu Staub. Immer wieder will ich meinen Blick abwenden, doch etwas hindert mich daran. Mein Blick ist starr, als wäre ich in Trance, gefangen in mir. Ich sehe oder höre nicht ein Lebewesen. Es ist so unfassbar still, dass ich Angst bekomme zu atmen. Die Luft, welche meine Lunge verlässt, stößt so laut aus meinem Mund hervor, dass ich das Gefühl habe in der Zeit gefangen zu sein. Alles findet in Zeitlupe statt und ich kann nichts mehr kontrollieren. Meine Augen wandern umher, doch mein Kopf bewegt sich nicht. Mein Blick schießt von links nach rechts und wieder zurück. Hinter mir erhebt sich ein bedrohliches Geräusch und ich zucke zusammen. Es ist, als hätte mich das Geräusch aus meiner Trance erlöst. Ich umgreife meine Arme und versuche mich selbst zu beruhigen, während ich mich langsam umdrehe. Ich habe Angst vor dem, was sich mir zeigen könnte. Das Geräusch kann ich nicht zuordnen. Es ist ein unheimlicher, furchtbarer und ohrenbetäubender Laut, der mir durch Mark und Bein fährt. Ich reiße meine Arme weg von meinem Körper und schlage sie seitlich an meinem Kopf auf die Ohren. Ich presse sie auf meine Ohren so fest es geht, doch ich entkomme dem Schmerz nicht. Mein Mund öffnet sich, um einen leidenden Schrei abzugeben, doch es kommt nichts hervor. Meine Kehle schnürt sich zu, sodass ich nicht mehr atmen kann. Mein Gesicht muss einer Fratze ähneln, da ich es so verzerre und unter Schmerzen zu Boden gehe, dass ich das Gefühl habe, ich muss sofort ersticken. Meine Zunge, mein Mund, alles fühlt sich trocken an, als würde Porzellan langsam anfangen zu bröckeln. Langsam bilden sich Risse und mein ganzes Dasein beginnt in sich zusammenzufallen. Ich schließe die Augen und will, dass es einfach nur vorbei ist. Ich öffne die Augen und ein greller Sonnenstrahl fährt mir ins Auge und ich bin momentan blind. Meine Pupillen brauchen einen Moment um sich zu erholen. Ich halte mit beiden Händen meinen Kopf, der brummt wie nach einem Kater, und stütze mich auf die Ellenbogen. Ich mache mich auf den Weg ins Badezimmer und laufe langsam an meinem Spiegel vorbei. Es fühlt sich an wie Zeitlupe als ich vorbei stolziere. Ich betrachte mein schwarzes Federkleid, was meinen Körper ziert und wetze meine Krallen. Mit hämischem Blick und voller Schadenfreude schlage ich meine Flügel über mir zusammen und zische durch das Fenster hinaus. Du dachtest, du kannst mir entkommen? Du dachtest, das war alles nur ein Traum? Das arme Mädchen im Spiegel dachte sich dasselbe. Schade nur, dass du deine Illusion nicht mehr aufrecht halten kannst. Deine größte Angst wird das Geringste Übel sein, bei dem, was dich erwartet.
© Lisa Fürmkranz 2024-08-03