von Margaretha Husek
Der Wiener Schmäh geht allmählich verloren. In der Nähe des Wiener Naschmarktes konnte ich vor Jahren ungefähr den folgenden Dialog zwischen einem Touristen und einem Wurstverkäufer mithören:
Ein Deutscher: „Juten Tach! Bitte ’ne Currywurst.“
Wurstsieder: „Wos fia a Wuarscht?“
Deutscher: „’ne Currywurst!“
Wurstsieder: „So an Dreck hob i ned! A Woidviertler, a Burnheidl, a Schoafe oder a Eitriche kaunnst hom! Wos wüst?“
Deutscher: „Äh! Ah so. Wat war dat Letzte? ’ne Eitrige? Watn dat?“
Wurstsieder: „A Käsekrainer is des! Man steckt die pürierte Sau in sein Darm und schmackrobisiert sie mit vergorena Müch aner Kuah.“
Deutscher: „Ahso, na dann probier ick dat Würstchen mal.“
Wurstsieder: „Mitn weißem Hemd san oba Debreziner net so ideal.“
Deutscher zeigt auf Wiener Würstel.
Wurstsieder: „Ah! A Paarl Frankfurter manst!“
Deutscher: „Nee. Bitte eine Brühwurst.“
Wurstsieder: „Oiso, a Knackwuarscht. In der Knackwuarscht san die Restln vom Leberkas und im Leberkas die Restln von der Knackwuarscht. Aufschneidn? Zwa Höftn? Oisa gaunza?“
Deutscher: „Aufschneiden, bitte.“
Wurstsieder: „Senf? Ketchup?“
Deutscher: „Mit Mayo bitte!“
Wurstsieder: „Gibz ned! Senf oder Ketchup?“
Deutscher: „Ja.“
Wurstsieder: „Wos ja? Heast moch mi ned damisch! Senf? Bluat? Ollas?“
Deutscher: „Bitte Senf.“
Wurstsieder: „Wöchan? An gschissanan? An schoafn?“
Deutscher: „Ham Se kein‘ süßen?“
Wurstsieder: „Oiso an gschissanan!“
Deutscher: „… öhm …“
Wurstsieder: „Drauf oder daneben? An Bugl dazua?“
Deutscher: „Ham Se auch was Scharfes?“
Wurstsieder: „Jo. A Oaschpfeiferl oder a Glasaug?“
Deutscher: „Ne, bitte was Pikantes.“
Wurstsieder: „Oiso a Krokodü. A Blechweckerl? Und was woins dazua trinkn?“
Deutscher: „Eine Limo, bitte.“
Wurstsieder: „Wos? A Amasenwossa?“
Deutscher: „Ne, bitte ein Cola.“
Wurstsieder: „Oiso doch a Tschopperlwossa.“
Deutscher: „Ja. Aber bitte tschenifa! Ick bin ein Connaisseur!“
A Gschissener klingt ungustiös, schmeckt aber doch einigen. A Gschissener ist ein süßer Senf, a Schoafa ein scharfer, Bluat ist Ketchup und a Eitrige eine Käsekrainer. A Oarschpfeiferl ist ein Pfefferoni, ein Krokodü ein eingelegtes Gurkerl, ein Glasauge ein eingelegter Perlzwiebel und ein Bugl ein Brotscherzerl. Zum Hinunterspülen des Imbisses wird gerne eine Dose Ottakringer Bier, eben ein 16er Blech, bestellt. Die Ottakringer Brauerei ist im 16. Wiener Gemeindebezirk angesiedelt. Ein Tschopperlwasser ist ein alkoholfreies Getränk. Vom Standpunkt des Alkoholtrinkenden wird es augenzwinkernd-herablassend verwendet. Tschopperl ist übrigens ein unbeholfenes Kind.
Der Umgangston am Würstelstand kann doch etwas rau sein.
© Margaretha Husek 2019-11-25