Spring, Basser, spring!

Leo_Ferl

von Leo_Ferl

Story

Die Idee ist, nicht nur gut zu klingen, sondern auch gut dabei auszusehen. Als würde man im Finale der Luftgitarren-WM tatsächlich das geilste Solo aller Zeiten aus seiner Gummiklampfe würgen. Und währenddessen durch einen Feuerreif springen. Und alle Millennium-Probleme auf einen Streich im Kopf lösen.

„Puh, ich schau einfach mal, dass ich die Töne richtig treff, okay“, schnaufte ich zur Halbzeit meines Eccos-Schnellkurses. Martin hatte mich an einem Sonntag in die Band geholt. Bis Freitagabend blieb ihm Zeit, mir ein komplettes Set ins Kleinhirn zu stopfen. Am Samstag musste es sitzen, da sollte ich bereits mit der Band auf der Bühne stehen. Vor lauter Fremden, weil im fernen Wolfsberg. Ich war nervös. Keiner meiner Gigs hatte bisher weiter als eine Stunde von meinem eigenen Bett entfernt stattgefunden.

„Sicher“, sagte Martin. „Aber an der Stelle springen wir trotzdem alle.“

Alle, das waren nach aktueller Rechnung nur er und ich. Philipp sprang nicht, den schützte sein Schlagzeug. Und mit den anderen wollten wir erst Ende der Woche proben, wenn ich die Songstrukturen halbwegs verinnerlicht hatte. Außerdem wurde im Proberaum nicht gesprungen, die Decke war zu niedrig. Außeraußerdem rauchten mir schon Finger und Schädel, an meine Füße zu denken schien mir kontraproduktiv.

„Hm, ja, klar“ murmelte ich. „Zeigst ma bitte nochmal den Part in der Mitte, weißt schon, den mit dadada-dadada?“

Skapunk ist gewiss nicht die kniffligste aller musikalischen Herausforderungen. Wie schwer kann es also sein, ein paar rudimentäre Baselines auswendig zu lernen? Ein weiser Mann (den ich erfunden habe) sagte mal: In etwa so schwer, wie die Dezimalstellen von Pi zu pauken. Nicht die Ziffern sind das Problem (gibt ja nur zehn davon), sondern ihre Wiederholungen, die vermeintlichen Muster, die keine sind. Dazu noch Rhythmuswechsel, Pausen, Einsätze. Und springen soll man dabei auch noch.

Bevor wir die nächste Nummer begannen, leierte ich mal wieder mein Face-saving-Mantra herunter: „Das is schon a ziemliches Pensum für fünf Tage. Muss ma schon damit rechnen, dass ned alles hinhaut.“

„Ah, du packst das schon“, winkte Martin gutgelaunt ab.

„Hm, bald mal in voller Besetzung proben wär fein, damit ich schau, wie ich mich da zurechtfind“, winkte ich zurück.

„Sicher“, sagte Martin, „morgen kommen die anderen dazu.“

Natürlich kamen sie nicht. „Punkrock, Baby!“ würde mein lieber Cousäng, der Sibi, Jahre später dazu sagen. Anders gesagt: Du hast gewusst worauf du dich einlässt. Focking deal with it.

Miguelito, den Sänger, lernte ich am Freitag, knapp 24 Stunden vor dem Konzert, kennen. Köpfi und Pacy, die Trompeter, erst bei der Fahrt nach Wolfsberg. „Weißt was“, sagte Martin kurz vor dem Auftritt fast mitleidig zu mir, während ich ein letztes Mal hektisch meine Notizen durchging, „heb ma uns das Springen für nächstes Mal auf.“

© Leo_Ferl 2020-10-26

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