Stadtausflug München (II)

Fabiennne

von Fabiennne

Story

“Mittwoch, 14 Uhr am Fischbrunnen“, sie schaute noch einmal auf die Nachricht am Handy, als sie die Neuhauser Straße langsam entlang lief. Am verkehrsumbrandeten Stachus hatte sie die U-Bahn verlassen und war, wieder oberirdisch, durch das ehrwürdige Karlstor hindurchgelaufen. Um sie herum Menschen, die das Tor als westlichen Eintritt in die Altstadt gar nicht wahrzunehmen schienen, eilten sie doch hastig durch einen der drei Torbögen hindurch, um sich hinterhalb in der Fußgängerzone zu verlieren. Sie musste über die kleine Figur des Hofnarren mit der Panflöte in der Hand schmunzeln. Hockte er am Mittelgewölbe mit drei anderen Steinkumpanen und schaute dem bunten Treiben schon jahrhundertelang zu. Was mochte er alles gesehen haben und was zauberte das breite Grinsen in sein Steingesicht?

Nach dem Karlstor breitet sich die Fußgängerzone aus, die Geschäfte wie Perlen an einer doppelreihigen Perlenkette entlanggezogen. Wer etwas auf sich hält, ist ladentechnisch vertreten: die großen Kaufhausketten neben den bekannten Modelabeln und Fashionshops. Dazwischen haben sich Händler und Marktstände eingerichtet. Mit ihnen fristen ein paar Bäume ein bis zu ihren Wurzelfüßen eingepflastertes Dasein.

Sie ließ sich mit dem Menschenstrom treiben, schaute mal in den einen oder anderen Laden hinein. An einem Obststand blieb sie stehen, kaufte sich ein paar Weintrauben und setzte sich auf eine nahe gelegene Bank unter einem der Bäume. Bis 14 Uhr hatte sie noch viel Zeit. Sie war, wie immer zu früh, aber sie brauchte diese Momente, um sich auf das Treffen vorzubereiten. Ein Mal im Jahr sahen sie sich und immer war es ein Mittwoch und immer war es der gleiche Treffpunkt auf dem Marienplatz. Sie würden dann vom historischen Fischbrunnen zuerst zur großen bekannten Münchner Kaffeerösterei laufen, drinnen in einer der Nischen sitzend, einen Kaffee trinken und plaudern wie alte Bekannte. Dann würden sie zum Hofgarten bummeln und aus alter Gewohnheit weiter bis zur Eisbachwelle laufen. Dort würden sie ein Weilchen stehen bleiben, versunken in Erinnerungen verpasster Gelegenheiten und fehlenden Mutes. Auf dem Rückweg würden sie durch die Fünf Höfe schlendern, dort im Delikatessenladen ein paar italienische Köstlichkeiten naschen. Und ganz zum Schluss, würde die Zeit noch reichen, eine Runde über den Viktualienmarkt drehen. So verliefen ihre Münchenstadtausflüge, zwei die sich trafen und wie gute Bekannte einen Nachmittag miteinander verbrachten. Vom Klang der Turmglocken der nahen Frauenkirche wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Sie hatte fast alle Weintrauben aufgegessen. Es war Zeit weiterzugehen.

Die Neuhauser Straße öffnet sich am Ende zum Marienplatz hin, mit dem großen langgezogenen Rathausbau zur linken Seite. Der Platz war wieder gut besucht von so vielen Touristen. Der Blick zum Fischbrunnen war nicht frei und so musste sie sich den Weg durch die Menschengruppen suchen. Noch konnte sie umkehren.

© Fabiennne 2021-12-12

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