von Aroundtheworld
Es waren noch schöne Zeiten, als man unangeschnallt auf der Rückbank mit ausgepolstertem Fußraum sitzend in den Urlaub fahren konnte, denn so saß man bequem und konnte, wenn es wieder einmal länger dauerte, schlafen. Meistens jedoch genossen meine Schwestern und ich die Fahrten mit unserer Mutter, die zwar Stunden dauerten, für uns jedoch wie im Flug vergingen. Wir spielen alle möglichen Spiele. Besonders liebten wir das Kennzeichenspiel. Dies hatten wir sogar als Papierspiel und spielten es bis spät nachts, wenn wir bei unseren Lieblingsgroßeltern übernachteten. Natürlich heimlich, weil wir schon früh schlafen sollten.
Das Spiel ist an sich simpel. Wenn ein Auto an einem vorüber fährt muss man aus den Buchstaben ein Wort oder einen Satz bilden. Als wir ganz klein waren genügend die ersten Buchstaben und je älter wir wurden, desto mehr Buchstaben mussten vorhanden sein. Natürlich gibt es Kennzeichen, die einen noch heute schmunzeln lassen, wie WOB, bei dem meine große Schwester im Brustton der Überzeugung sagt, „Oh ein Wobbertaler“ oder ein SFA, das für „Susi frisst alles“ stehen könnte. Wenn man eine Susi kennt, die besonders korpulent gebaut ist und die nachstehenden Buchstaben mehr Lebensmittel erlauben, macht das Spiel gleich doppelt so viel Spaß.
An einem besonders warmen Sommertag standen wir stundenlang auf der A7 im Stau und meine jüngere Schwester und ich kasperten auf der Rückbank rum. Wir winkten allen anderen Auto- und LKW-Fahrern zu und machten Peace-Zeichen. Wir waren vielleicht 6 und 7 Jahre alt und freuten uns, bis der große, breite LKW-Fahrer hinter uns ausstieg.
Sofort setzten wir uns gerade hin und starrten nach vorne aus der Frontscheibe. Mucksmäuschenstill, als wäre nichts gewesen und als wären wir die liebsten Kinder der Welt saßen wir nun da. Das Schmunzeln meiner Mutter im Rückspiegel sah ich nicht. Viel zu sehr war ich darauf konzentriert, mein Herz an Ort und Stelle zu behalten, denn es war mir in die Hose gerutscht.
Der LKW-Fahrer klopfte an die offene Scheibe und fragte meine Mutter, ob er uns etwas Kaltes zu trinken anbieten dürfte. Er hätte in seinem LKW einen kleinen Kühlschrank und bei der Hitze wäre für die drei kleinen Kinder etwas Kaltes zu trinken sicher eine gute Idee. Immerhin seien wir so niedlich und fröhlich und das, obwohl wir schon so lange bei der Hitze im Stau stehen würden.
© Aroundtheworld 2022-06-14