von lavoce
Es gibt Tage, an denen man die kuschelige Behaglichkeit der Bettwärme nicht verlassen sollte.
Am Morgen, beim Versuch die knattrigen Knie, ächzenden Hüften mitsamt dem dranhängenden Jammergestell in die Senkrechte zu verfrachten, scheitere ich kläglich. Von einem übereifrigen, offensiv agilen Vierbeiner angefeuert, gelingt das scheinbar Unmögliche. Ich stehe. Irgendwie. Erster Erfolg an diesem Tag. Mein letzter?
Den Nix-Luxusbody ins Bad befördert, erinnert mich Flauschkugel etwas unsanft daran, dass es in dieser Wohnung ungeschriebene Prioritäten gibt, die nichts, absolut nichts mit mir zu tun haben.
Der leere Futternapf fordert seine zu füllende Aufmerksamkeit ein. Sofort. Auf der Stelle. Am besten schon gestern. Unter bellendem Protest spritze ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht, um mich danach dem Fellnasenproblem zu widmen. Selbiges aus der Welt geschafft – Hund kaut genüsslich – schlurfen Schlotterknochen zurück ins Bad. Den masochistischen Spiegelblick wohlweislich vermeidend, trotte ich nach kurzer Morgentoilette in die Küche.
Als menschliches Wesen, dessen Herzerl allein beim Geruch von Kaffee Turbopurzelbäume schlägt, halte ich mich an Tee. 1000 Dezibel Wasserkocher droht mein Trommelfell zu zerbersten. Teebeutel versinkt im heißen Wasser.
Ob morgendlicher Ordnungsfimmel, Chaosbeseitigungswahn oder einfach nur Dummheit, ich werde es nie erfahren. Jedenfalls versuche ich aus notorischem Platzmangel Palatschinkenpfanne auf Keksdose (Lebkuchen lebt bei uns länger als Kuchen) zu platzieren, die wiederum auf Teller thront, der es sich auf Suppentopf gemütlich gemacht hat. Kurz bewundere ich meine Geschirrpyramide. Sehr kurz. Dann macht sich Palatschinkenpfanne auf den Weg. Wohin? Richtung Tee. Dieser scheint eine magnetische Anziehungskraft auszuüben, denn Keksdose wandert, kollegial, wie sie ist, mit. Da meine morgendliche Reaktionsfähigkeit gegen Null tendiert, bestaune ich neidlos die motorischen Fähigkeiten meiner Küchenaccessoires, denen der Spruch „der Weg ist das Ziel“ nicht viel zu sagen scheint, denn in Sekundenschnelle ist das Ziel nicht nur erreicht, sondern wunderbar zu Fall gebracht. Mit exzessiven Kollateralschäden ist zu rechnen. Die Tasse kippt, stürzt, übt sich im Salto Mortale – sehr erfolgreich – der nahtlos in einen Hechtsprung über die Kante übergeht und landet etwas unsanft am Küchenboden. Unversehrt, aber leicht verwirrt ob ihrer plötzlichen Leere sucht sie ihre vormalig inneren Werte und wird fündig. Am Küchenboden, an der kompletten Schrankfront, am Kühlschrank, ja sogar bis in den Geschirrspüler haben diese es geschafft.
Hund kommt begeistert angelaufen, betrachtet das liquide Kunstwerk, bellt. Seine Art Respekt auszudrücken.
Er zieht seinen imaginären, tierischen Hut. Derart viel Chaos in so kurzer Zeit hat noch nicht einmal er zustande gebracht…
© lavoce 2025-01-21