Sterben vor Corona

Eva Kummer

von Eva Kummer

Story

Als meine Mama (noch keine 70) die Nachricht bekam, lag sie im Krankenhaus und der Primar kam und sagte: Heidi (sie waren befreundet) ich habe keine gute Nachricht für dich, wir können nichts mehr für dich tun. Eine Lungentransplantation könne nicht gemacht werden weil…,du hast noch etwa 14 Tage bitte erledige alles was für dich noch offen ist. Ich stand daneben und war geschockt, mit dieser Nachricht hat keiner gerechnet. Meine Mutter sagte zu mir als wir wieder alleine waren: Das war jetzt so als hätte er das gar nicht zu mir gesagt sondern irgendjemanden neben mir.

Ich versuchte mit meiner Mama die nächsten 14 Tage vieles aufzuarbeiten, denn unsere Liebe zueinander war oft getrübt. Wir redeten viel und ich verstand immer mehr ihre Einstellung zu diesem Leben das sie führte und ihr Handeln in diversen Situationen. Ich versuchte jeden Tag bei ihr zu sein und ihr einige kleine Wünsche zu erfüllen. Sie wurde mit Sauerstoff versorgt und wen sie auf die Toilette ging hing der lange Schlauch an ihr dran. Auch ich ging mal auf die kleine Seite und meine Mama stand in der Tür, ich sagte Mama da kann ich nicht wenn du da stehst und sie machte Wischwischiwischi, so wie in Kindertagen.

Ich wusch sie mit einem Waschlappen am ganzen Körper bei der Brust angekommen sagte sie: geh nicht zu weit fort mit meinen Busen. Da gibt es einen Witz und Witze erzählen, dass tat meine Mama liebend gerne, sogar noch am Sterbebett.

Diese Erlebnisse so traurig sie auch sind haben uns im letzten Lebensabschnitt meiner Mutter noch sehr versöhnt und vertraut gemacht. Es war sehr wichtig für mich noch so viele versöhnliche Gespräche mit meiner Mutter zu haben und vieles aufzuarbeiten wo uns vorher die Gelegenheit und das Verständnis füreinander fehlte.

So vielen Menschen blieb in der Coronazeit diese Chance verwehrt. Sie konnten nicht bei ihren Liebsten sein und ihnen die Hand halten und tröstliche Worte mit auf den Weg geben. Sie konnten nicht ihren Liebsten durch die Haare streichen oder die Wangen streicheln. Sie konnten kein Seelengespräch führen so wie ich mit meiner Mutter.

Ich durfte meiner Mutter die Nägel feilen einen Tag die linke und am nächsten Tag die rechte Hand sie wollte ordentlich vor den Schöpfer treten, dass war ihr sehr wichtig. In dieser Nacht als beide Hände in Ordnung waren, der Körper gereinigt und eingecremt war, ging sie von uns, allein.

Am nächsten Tag als ich ihre Sachen abgeholt habe, durfte ich noch einmal zu ihr. Die Schwester sagte mir, ich darf nochmal „Pfiati“ sagen . Sie lag auf ihrem Bettchen als würde sie schlafen. Ich ging hin und berührte sie und ihr Körper wackelte als würde sie noch leben, ich sprach mit ihr und wünschte ihr eine gute Reise. Ich ging auch nochmal in das Krankenzimmer um mich bei Mamas Bettnachbarin zu verabschieden und ich erfuhr, dass die liebe in den letzten Stunden meiner Mama bei ihr am Bett gesessen und ihr die Hand gehalten und sie hinüberbegleitet hat, oh wie tröstlich für mich. Danke

© Eva Kummer 2020-08-24

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