Stille Post: Kapitel 2

Robin Kanitz

von Robin Kanitz

Story

Sie fuhr wie versteinert die Straße einfach nur geradeaus, ihre Augen waren weit geöffnet und der Schock saß ihr im Genick. Sie musste hier einfach schnell weg, so weit es geht immer geradeaus. Ihr Instinkt hauchte ihr ein, ihrer Mutter Bescheid geben zu müssen. Vielleicht war es das Gefühl von Sicherheit, die eine Mutter auf ihre Kinder ausübt, was sie dazu veranlasste. Hektisch griff Lisa nach ihrem Handy und versuchte mit zitternder Hand es zu entsperren. Schon wieder falsch, es klappte nicht. Sie stand so unter Schock, ihre Finger spielten nicht mit, während sie weiter vergeblich versuchte, ihr Handy zu entsperren, behielt sie mit einem Auge die Straße im Blick. Dabei wurde sie schneller und schneller, ohne es auch nur zu bemerken. Klack! Sie schaffte es mit größter Mühe ihr Handy zu entsperren. Die schwankenden Lichter ihrer Scheinwerfer erhellten die gesamte Allee und bewegten sich wie eine defekte Discokugel hin und her. Schnell suchte sie nach dem Kontakt ihrer Mutter. Doch plötzlich saß einige Meter entfernt eine Gestalt auf dem Boden der Straße. Lisa konnte damit so gar nichts anfangen. Außerdem erkannte sie in der Dunkelheit nicht viel und dachte, es wäre vielleicht ein totes Tier. Doch nach einigen Metern bewegte sich das, was auf dem Boden lauerte und nahm ihr den letzten Funken ihres Verstandes. Der Junge aus dem Haus saß dort mitten auf der Straße und guckte mit seinen blutenden Augen direkt in das Licht ihrer Scheinwerfer, wobei er mit Blut etwas auf die Straße kritzelte. Dabei sah er mit seinen leeren Augen direkt durch Lisa hindurch in ihre Seele. Lisa bewegte ihr Lenkrad mit einer Hand, um auszuweichen, doch hatte sie längst die Kontrolle über das Auto verloren und so trieb sie dieses Manöver direkt und ungebremst gegen einen Baum der Allee. Ihr Atem stockte als der Baum immer näher kam und ihr Kopf war leer wie eine ungeschriebene Seite, als sie in Zeitlupe den Baum auf sich zukommen sah. Nichts konnte sie schützen. Der Baum zerteilte das Auto in fast 2 einzelne Stücke, es war nicht mehr wiederzuerkennen. Ein letztes verzweifeltes Schnappen nach Luft ertönte aus dem Auto und dann war Stille. Auf ihrem Handy, dass noch in ihrer Hand haltend durch die abgerissene Autotür hindurch hing, ertönte eine letzte Pop-up Nachricht auf ihrem Handy. „Happy Halloween Lisa und lass dich nicht erschrecken – bis später Schatz“ Nachricht von Schatz Doch dies sollte die letzte Nachricht sein, die ihr Freund ihr senden würde. Und in der Stille der Nacht war das Einzige, was diese Stille durchbrach, das Blut das Tropfen für Tropfen aus ihrem Körper aus dem Auto auf die Straße tropfte und in die Mitte der Allee floss, wo der Junge auf dem Boden saß und noch einen letzten Strich mit Blut auf den Asphalt zeichnete. Lisas Blut, das sich seinen Weg gesucht hatte, floss quer durch seinen Strich hindurch und bildete mit ihm zusammen ein T. Im Antlitz des Mondes schien das Licht auf die Allee und die Wörter, die mit Blut auf die Straße geschrieben waren, spiegelten das Licht des Mondes. Es gibt keine Stille Post mehr nach Halloween.


 


© Robin Kanitz 2023-10-13

Genres
Spannung & Horror
Stimmung
Dunkel, Mysteriös, Dark