Stille Zuneigung-die Liebe zu GegenstÀnde I

Lea Brandt

von Lea Brandt

Story
in der eigenen Seele

Unsere Welt ist voller GegenstĂ€nde. Sie umgeben uns, sie begleiten uns, und oft schenken wir ihnen keine Beachtung- wir ĂŒbersehen sie. Doch dann gibt es diese besonderen GegenstĂ€nde – die, die unsere Aufmerksamkeit verdienen. Nicht, weil sie teuer oder besonders schön sind, nein, sondern weil sie uns etwas bedeuten. GegenstĂ€nde, die Geschichten erzĂ€hlen, die uns berĂŒhren und die vielleicht mehr ĂŒber uns aussagen, als wir denken.

GegenstĂ€nde haben eine erstaunliche FĂ€higkeit: Sie bewahren unsere Erinnerungen. Ein alter Pullover mag uns den Duft einer lĂ€ngst vergangenen Umarmung zurĂŒckbringen. Ein Buch, das wir vor Jahren gelesen haben, entfĂŒhrt uns erneut in die Welt, die wir damals so sehr liebten. Und ein altes Armband erinnert uns an alte Freundschaften.

WĂ€hrend ich dies schreibe denke ich an eine kleine Statue der drei weisen Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Sie gehörte meinem Opa und begleitete ihn vom Nachttisch aus ĂŒber viele Jahre hinweg in den Schlaf. Diese Weisheit, die sich als Inschrift auf dieser Statue befindet, ging irgendwann in meinem Opa ĂŒber und wurde zu einem Teil von ihm. Es wurde eine Weisheit, die nicht mehr auf irgendeinem Gegenstand stand, sondern vielmehr eine Weisheit, die eine zusĂ€tzliche Bedeutung durch meinen Opa erhalten hatte. Diese gab er an mich weiter und dies ist der Grund, warum auch noch Jahre nach seinem Tod diese Statue bei mir habe. Ich gehe nicht einmal in den Urlaub ohne diesen kleinen Gegenstand. Dabei frage ich mich jedoch: Kann man ein StĂŒck Stein lieben? Vielleicht nicht das Objekt an sich, aber das, was es reprĂ€sentiert: Momente und GesprĂ€che, die nicht zurĂŒckkehren, und doch in diesem kleinen Gegenstand eingefangen sind.

Doch warum hĂ€ngen wir so sehr an Dingen? Liegt es an der Nostalgie, die sie in uns wecken? Oder daran, dass sie uns Halt geben in einer Welt, die sich stĂ€ndig verĂ€ndert? Vielleicht ist es auch die Illusion von Kontrolle – der Gedanke, dass wir, solange wir diese Dinge besitzen, auch die damit verbundenen Erinnerungen festhalten können. Eine Art Anker und Fenster in die Vergangenheit besitzen.

Allerdings stellt sich in Zuge dessen die Frage, ob die Liebe zu GegenstĂ€nden nicht auch ihre Grenzen hat? Hindert sie uns daran, Vorkommnisse oder tatsachen zu verarbeiten? Bietet sie uns die Möglichkeit zu verdrĂ€ngen? Unter BerĂŒcksichtigung dieser Aspekte muss womöglich angefĂŒhrt werden, dass die Beziehung und Liebe zu GegenstĂ€nden auch ihre Grenzen hat und nicht immer als “gesund” erachtet werden kann
Horten wir GegenstĂ€nde, weil wir Angst vor dem Loslassen haben? Der Gedanke, dass uns ein Gegenstand verlĂ€sst, kann beĂ€ngstigend sein, vor allem, wenn wir glauben, damit auch einen Teil von uns selbst oder eines geliebten Menschen zu verlieren.


© Lea Brandt 2025-01-08

Genres
Lebenshilfe
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