von Katharina Liebe
Als wäre es Gestern, erinnere ich mich daran, wie wir unser erstes Date hatten. Das war es zumindest für mich, nur dir habe ich es so gar nicht beschrieben… Nachdem wir unzählige „zufällige“ als auch unvorhergesehene Treffen hinter uns hatten und dabei meist nur den Schluss des Abends miteinander verlebt hatten, lud ich dich an diesem Abend zu mir ein.
Um möglichst kuhl zu wirken sagte ich etwas von einer Flasche Wodka, die ich noch zufällig Zuhause hätte. Ich habe sie selbstverständlich extra besorgt. Meine privat gemietete 70m2 Keller-Erdgeschosswohnung direkt an der Talabfahrt, mit SZ, WZ, Wohnküche, Bad, Hobbyraum, Abstellraum und Terrasse mit Blick aufs Tal im Mondschein, würde bei dir wahrscheinlich nicht gerade Eindruck schinden. Aber ich machte mir riesige Gedanken darüber, ob du dich so wohlfühlen wirst, in den von mir eingerichteten „vier Wänden“.
Du hattest nie eingewilligt auf ein Treffen zu Zweit, sondern mit deiner besten Freundin und mir den Abend zu betrinken war der Plan. Ich wusste reinzufällig, dass deine beste Freundin bereits eine Dateanfrage für den Abend hatte und fragte sie, ob sie dich mir überlassen würde. OMG, sie sagte tatsächlich ja und für mich warst du nun Freiwild. Und ich quietschte wohl
Wir saßen auf der Couch einander übers Eck zugewandt, ein Bein angewinkelt und einen Fuß am Boden. Mein Kopf hirnte, nicht nur war die Wohnung genug für dich, sondern bin ich genug für dich? Die Unsicherheit machte sich in mir breit und durchlöcherte mich mit Fragen wie: Sitze ich aufrecht genug damit er mich und meinen Körper wahrnimmt? Mir ist schon ganz heiß vom ersten Schluck, wie lange muss ich warten, dass es normal ist wenn ich ein Kleidungsstück ausziehe und nicht so wirkt als wolle ich ihn flachlegen. Denn das möchte ihn nicht und schon gar nicht beim ersten Date. Bis ich irgendwann in seinen hellbraunen Augen mit dunkler Umrandung zerfließe und ich mich wieder finde in gekrümmter Rückenhaltung mit Ellenbogen, welcher immer wieder abrutscht, am Oberschenke.
Ich fragte mich hier schon wie der Sex wohl klappen könnte, wenn er doch mehr als einen Kopf größer ist als ich und erinnerte mich dabei an einen Exfreund.
Dann bekam ich immer mehr das Gefühl ich könnte einfach losreden und du verurteilst mich keinen Schuh und das Leben nahm seinen Lauf.
Heute, also sieben Beziehungsjahre später, finde ich mich wieder in einer Lichtdurchfluteten 3Zimmerwohnung in der das dritte Zimmer von uns „das Spielzimmer“ genannt wurde. Ich spiele dort öfter auf diesen unter meinen Finger liegenden Tasten oder auf der Gitarre, du sah letztes Jahr mit E-Klavier begonnen und unser Spatz baut die höchsten Türme di mir inzwischen schon bis über den Bauch gehen.
Dazwischen: Höhen, Tiefen, Tränen, Lachen- all das Zeug was ihr alle kennt. Doch ich hätte nie gedacht einmal zu sagen, diese Stimme in meinem Kopf brauche ich nicht mehr, denn ich bin gut so wie ich bin. Es sei denn, sie will mir ab jetzt nur noch solche Nachrichten aussenden.
© Katharina Liebe 2022-11-04