Stirnhöhlenkatarrh

Luna Winkler

von Luna Winkler

Story

Die Augen demaskiert von ihrer eigentlichen Funktion, versuchen gegen das erste Morgenlicht zu blinzeln, werden von schelmisch grinsenden Krusten gestoppt, die die wimmernden Wimpern verkleben. Das sich erste Erheben des Tages, es endet mit einem jähen Quietschen in den Gelenken, als sie sich Gliedmaßen zurück in die Horizontale bewegen, verzweifelt einsehen, dass sie heute auf den allmorgendlichen Blasen-Entleer-Drang-Gang verzichten müssen.

Was sich liest wie ein Krimi, ist die Leidensgeschichte, die weite Teile unserer Bevölkerung in Atem hält, sie ans Bett fesselt und uns einsehen lässt: yo, Vitamine wären mal wieder angebracht oder so. Und selbst wenn du dir eine halbe Tonne davon nach Hause schiffen lässt, die Hälfte davon auf einmal einwirfst, weil viel hält länger oder so, du gerade dabei bist, die mehlerne Masse deine Gurgel hinunterzujagen, wird er lachen. Wird dir der liebe Herr Grippal von Infektus von dem beregneten Fenstersims aus winken und sich dabei köstlich amüsieren, wie du versuchst, nicht an der Fuhre Papp-Gaumen-Dragees zu ersticken, die du dir eben noch in den Mund geschaufelt hast und dich dabei höchstgradig auslachen.

Als er heute Morgen auch auf meiner bellenden Brust hockte und partout nicht daran dachte, von ihr zu weichen, stattdessen in aller Seelenruhe mit meiner nassgeschwitzten Bettdecke spielten und mich dabei beobachtete, wie ich mit oraler Schnappatmung versuchte zu prüfen, welches genau der beiden Nasenlöcher einem verstopften Abwasserrohr glich, da hätte ich ihm am liebsten sein zynisches Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. Aber da ich noch nicht mal fähig war, meine Faust ansatzweise zu ballen, bekam er lediglich einen kleinen Schubs mit dem Zeigefinger.

„He!“, beschwerte er sich prompt, als er im Rückwärtspurzelbaum den Deckenhang hinunterkullerte, ich mich in die Senkrechte erhob und einen mehr als kläglich-mitleidigen Laut von mir gab. „Himmppffhhh”, war alles, was ich von mir geben konnte, und zwar aus meinem linken bröseligen Nasenloch, das beim besten Willen keinen Bock hatte zu arbeiten.

„Meine Güte bist du unleidlich.“ Der kleine Kobold bleckte mir frech die Zähne und da meine Augen einem Looping nicht wohlgestimmt waren, kniff ich sie wortlos zusammen, sah ihn damit böse an, den übergescheiten Witzbold und überlegte, ihn mit einem Aufschütteln in die Luft und auf den Boden zu katapultieren.

„Mach nur, versuchs ruhig, aber so schnell wirst du mich nicht los, hehehehehehe.“ Scheckernd sprang er von meiner Bettkante und verschwand durch den Spalt in meiner Tür. Man man man.Ich haute den Rückwärtsgang rein und landete mit einem weiteren „Huaaahhmmmppff“ auf meiner Matratze. Der Gnom hatte recht. Ich war unleidlich.

Und als ich mir zwei Stunden später einen Tee aufsetzen wollte, er gollumhaft um meine Tasse schlich und wisperte „Mein Schaattzzzz, mein Schaaattzzsssss“ wusste ich: jetzt habe ich eindeutig Fieber.

© Luna Winkler 2023-03-06

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