Wer im Süden von Salzgitter nach Liebenburg schlendert, sieht entlang des Waldrandes eine Reihe riesiger Skulpturen. Angeregt von Prof. Gerd Winner geht dies auf eine Idee des deutschen Malers und Bildhauers Otto Freundlich (1887-1943) zurück. Bis 2005 stellte die Stadt jährlich eine Skulptur eines europäischen Künstlers aus. Alle aus Stahl reflektieren sie auch die Stadtgeschichte.
Der deutsch-jüdische Pazifist Otto Freundlich entwickelte in den 1920er Jahren die Idee einer Völker verbindenden „Straße der Skulpturen Paris-Moskau“ als Zeichen für die Abkehr von Krieg und Gewalt. Wegen seiner Ermordung im KZ Lublin-Majdanek konnte er diese Idee nicht mehr umsetzen.
Leo Kornbrust aus St. Wendel griff 1971 Freundlichs Vision auf, inszenierte im St. Wendler Land eine „Straße der Skulpturen“ und verstand sie als erstes Teilstück einer „Straße des Friedens“. Um diese Straße weiterzuentwickeln – quer durch Europa, von der Normandie bis nach Moskau – gründete er einen Trägerverein. Der sollte Dokumentationen zum Thema „Straße des Friedens“ sammeln und zu weiteren Skulpturen anregen, die in die Friedensstraße eingegliedert werden sollten – wie u.a. „Steine an der Grenze“ (Paul Schneider) auf den Höhen des Saargaues. Etliche weitere, grenzübergreifende Projekte stießen sukzessive zur „Straße des Friedens“. Inzwischen sind Spuren in ganz Europa zu finden:
– Skulpturenweg Salzgitter-Bad (Liebenburg-Salzgitter)
– Stiftung für Bildhauerei (Berlin)
– Weltfriedenszentrum (Verdun)
– Le vent des forets (Frankreich)
– Jardin de Wiltz (Luxemburg)
– Skulpturenstraße (Luxemburg)
– Centre culturel (Belgien)
– Słupsk (Geburtsstadt von Freundlich, Polen)
– Gedenkstätte des Konzentrationslagers Majdanek (Polen)
– Marmorplastik „Wellen des Lebens“ (Europäische Akademie Otzenhausen)
– „Steine am Fluss“ (Skulpturen an Obermosel und Saar)
– Steine ohne Grenzen (Skulpturenwege von Brandenburg über Berlin nach Słupsk)
– St. Aubin (D-Day, Normandie)
– Skulpturenweg (Wasserburg in Reipoltskirchen)
Unser Skulpturenweg von Winner wurde ebenfalls in die „Straße des Friedens“ eingegliedert. Winner studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, war freier Maler und Grafiker in Berlin, Braunschweig und London und lebt seit 1974 im Liebenburger Barockschloss. Bekanntgeworden ist er durch großformatige Werke im öffentlichen Raum mit seiner besonderen Technik des künstlerischen Siebdrucks.
Bemerkenswert sind seine Grafikzyklen und die Auseinandersetzung mit urbanen Strukturen. 2000 entwarf und baute Gerd Winner auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen das „Haus der Stille“ – eine begehbare Skulptur als Raum, der die brutale und menschenverachtende Bedeutung dieses Ortes reflektiert.
Mit meinen Schüler*innen hat er jahrelang Miniskulpturen erstellt.
Gerd Winner erhielt zahlreiche nationale und internationale Preise für seine künstlerische Leistung.
© Heinz-Dieter Brandt 2021-06-03