von Vanessa Mayer
Cara sitzt wieder mal da. Sie sitzt einfach nur da. Sagt nichts. Verhält sich nicht. Eigentlich kann man sich gar nicht Nicht-Verhalten, aber Cara tut´s. Sie tut´s schon wieder. Auch ich sitze da, aber eben nicht nur. Ich sitze da und starre Cara an. Seit einer Ewigkeit weicht mein Blick nicht von ihr ab. Ein Blick getrieben von Unverständnis und Erwartung. Erwartung, dass Cara bald auf mich reagieren wird. Starr ich sie lange genug an, antwortete sie hin und wieder mit einem kurzen Lächeln. Wobei sich dabei ausschlieĂźlich der linke Teil ihrer Oberlippe ein wenig bewegt und bei genauerer Betrachtung auch ein wenig zittert. Es ist kein herzhaftes wohlwollendes Lächeln. Es ist eins dieser Lächeln die mich zufriedenstellen sollen, aber keines dieser das dich mit funkelnden Augen mit Freude ansteckt. Ich soll sie danach in Ruhe lassen, weiter wie versteinert ins Nichts schauen lassen. Dieses sonderbare Lächeln ist keins, dass man erwidern will. Doch erinnert es mich an das GefĂĽhl nach einer durchzechten Nacht neben dem Bett eine Flasche Wasser wiederzufinden – fĂĽr einen kurzen Moment erleichternd. Am Versuch diesen Moment einzufangen scheitere ich. Ein weiteres Mal. Nur einen Augenblick später ist sie wieder da, Caras eiserne Miene.Eine Kälte, die mich erschauern lässt erfĂĽllt den ganzen Raum. Ich ĂĽberkreuz meine Hände, fass meine Oberarme und halt mich fest. So fest, dass ich in dieser eisigen Kälte zumindest noch spĂĽren kann wie sich meine Finger fest in meine Oberarme graben. Ich hör Cara buchstäblich nichts sagen. Leere die wahrnehmbar und dabei so erdrĂĽckend ist, dass sie mir den Atem raubt. Ich versuch Cara gegenĂĽber den Schein zu wahren, mir´s nicht ankennen zu lassen, dass ich bereits zum hundersten Mal in der letzten Stunde implodiert bin. „Ach Cara, erzähl mal, hast du was Schönes geträumt?“, starte ich einen Versuch der Stille mit Worten ein bisschen Leichtigkeit einzuhauchen. „Ach du, ich kann mich gar nicht erinnern“, Cara ohne dabei nur einmal die Stimmlage zu ändern. Und jetzt – wenig ĂĽberraschend, meine einhundertundeinte GefĂĽhlsimplosion . Es ist einer dieser Tage, an denen nichts mehr im Gleichgewicht zu sein scheint.Diese Lustlosigkeit liegt wie ein Schleier um Cara. Kein majestätischer Schleier, eher ein modriger schwarzer Umhang. ErdrĂĽckend, schwer und vereinnahmend. Auch mich will er mehr und mehr in seinen Bann ziehen. Entschlossen und mutig leiste ich in jeder Sekunde Widerstand. Lass auch ich mir diesen Schleicher umlegen sehe ich Cara in naher Zukunft, beide am FrĂĽhstĂĽckstisch sitzend, erst so gegen die Mittagszeit, frĂĽhen Nachmittag, die Vorhänge wĂĽrden geschlossen bleiben, wir wĂĽrden uns ausschlieĂźlich von Kaffee und Zigaretten ernähren, fĂĽr das bisschen Abenteuer, die gelungene Abwechslung, vom Kaffee zu Kaffee mit Schuss switchen und uns anschweigen. Still anschreien! Wir existieren ausschlieĂźlich im Nichts, der erdrĂĽckenden Leere, dem Schleier der Lustlosigkeit.
© Vanessa Mayer 2023-02-22