Süchtig

UrsulaJocham

von UrsulaJocham

Story

Ich glaub, ich bin süchtig.

Echt jetzt?

Auf Motorradfahren. Geht des?

Motorradfahren erzeugt bei mir enorme Glücksgefühle. Ich mag es, wenn ich die Geschwindigkeit spüre, die Kraft des Motors fühle – Freiheit pur!

Seit meinem 18. Geburtstag fröne ich dieser Sucht. Mit jedem Jahr habe ich mich immer mehr darin verstrickt. Hoffnungslos.

Nach anfänglichen Experimenten bin ich rasch auf die für mich passenden Modelle gestoßen. Hatte bis auf ein einziges Jahr immer eine Maschine im Hof stehen. Früh entdeckte ich meine Liebe für Enduros und fuhr fast 15 Jahre eine XT. Eine treue Begleiterin auf vielen Reisen, auch in Übersee. Hoch, leicht und wendig – so mochte ich es. Das gute Stück ist am Schluss fast auseinandergefallen, denn sie wurde auch im Gelände ordentlich rangenommen. Danach kam eine Supermoto, KTM 690 SMC – wie habe ich dieses Motorrad geliebt! Mit ihr habe ich angefangen auf Rennstrecken zu fahren. Auf “Micky Maus”-Kursen mit vielen engen Kurven. 10 Jahre waren wir ein eingespieltes Team. Ich bin eine treue Seele.

Dann war ich an meinem 50. Geburtstag das erste Mal auf der Nordschleife am Nürburgring. Eine 20 km lange Landstraße ohne Gegenverkehr – woohoo! Die Nordschleife fordert dem Fahrer alles ab. Bergauf, bergab, enge und weite Kurven – alles da. Wie überhaupt, – Kurven, Kurven, Kurven. Ich kann mich schwindlig fahren. Pure Lust!

Und bald ist es endlich wieder soweit, denn jedes Jahr folgt im Frühjahr ein erstes Mal. Und auch nach all den vielen Jahren ist es immer wieder etwas besonders für mich. Draufsetzen. Tank streicheln. Freuen. Motor anlassen. Hören wie der Einzylinder tuckert oder der Zweizylinder schnurrt. Fühlen wie die Kraft unter mir erwacht.

Ein sanfter Dreh am Gas und los gehts. Langsam starten wir, erst ganz vorsichtig. Wir müssen uns nach dem langen Winter erst mal wieder finden. Recht schnell sind wir aber wieder vertraut, eine Einheit.

Ich bin eine sehr gleichmäßige Fahrerin. Benutze selten die Bremse. Schalte viel. Mag es, wenn ich beim Runterschalten vor der Kurve durch die Motorbremse spüre wie alles vibriert und wir drastisch an Geschwindigkeit verlieren. In die Kurve rein, am Scheitelpunkt wieder ans Gas und rausbeschleunigen. Durch ein Geschlängel hindurch, – zack, zack, zack – eine Kurve nach der anderen. Leichtigkeit. Alles easy und sanft im Flow. Gänsehaut. Die Kraft spüren. Das ist pures Glück. Hingabe. Ich mag die Power und die Dynamik. Da geht mir das Herz auf!

Ich fahre gerne zügig, mag keine hirnlosen Raser. Lasse sehr gezielt los. Dann wieder kontrolliert eingreifen. Ständig aufmerksam sein. Geistig enorm fordernd …und ja, ich rede mit meinem Bike.

Aktuell hab ich eine 790er Duke, 109 PS, federleicht. Toller Abzug, super Handling. Mein erstes Motorrad mit ABS, Traktionskontrolle und technischen Schnickschnack. Die blinkenden Lämpchen vermelden, wenn die Elektronik stabilisierend eingreift. Glück mit Sicherung, wenn die Endorphine das Hirn durchfluten.

Wie im Rausch.

© UrsulaJocham 2021-03-19

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