Sulawesi – es geht im ganzen Leben um den Tod

Siegi Kaml

von Siegi Kaml

Story

„Wissen Sie, der Tod ist auf der Insel Sulawesi kein Tabu-Thema wie bei Ihnen im Westen,“ erklärt uns Guide Eman, „der Tod ist bei uns Alltag, immer und überall anzutreffen, und die Toraja-Völker fürchten den Tod nicht, sie zelebrieren ihn sogar!“

Das indonesische Sulawesi liegt ca. 1000 km östlich der Hauptinsel Java und das Volk der Toraja bewohnt den bergigen Mittelwesten, den wir kennenlernen wollen. Wir spazieren durch eines der Dörfchen mit den signifikanten Hütten mit den weit ausladenden Dachkonstruktionen und den Wasserbüffel-Hörnern über der Eingangstür.

„Wenn hier ein Mensch stirbt, so gilt er nicht gleich als tot – er wird erst einmal als „krank“ betrachtet und zu Hause einbalsamiert und aufgebahrt. Man kann ihn ja nicht sofort begraben,“ lacht Eman, „es müssen sich doch vorher die Familie, die Freunde und die Bekannten bei ihm treffen, um ihn zu verabschieden, und das kann dauern! Und dann muß erst ein Termin für die Beisetzung gefunden werden, denn es müssen ja alle Zeit haben, das kann gerne ein Jahr dauern – oft so lange, daß sich noch ein Familienmitglied dazugesellt – dann wird es eine Doppelbeisetzung! Und, es ist unglaublich, Sie haben so ein Glück, eben dieser Tage findet eine solche statt, gleich im nächsten Dorf, und Sie können dabei sein!“

Nach kurzer Fahrt erreichen wir tatsächlich besagtes Dorf, wo schon Volksfeststimmung herrscht, von nah und fern ziehen die festlich gekleideten Toraja-Familien heran, im Schlepptau ihre Opfergaben: lebendige Hühner, Schweine, Rinder oder Wasserbüffel, je nach Bekanntheitsgrad zu den Verstorbenen. „Bringen sie einfach eine Stange Zigaretten und eine Kiste Bier, das reicht schon, und übergeben sie es dort der Familie“ rät Heman, und deutet auf einen Platz, wo schon auf Bambusstangen aufgefädelte Schweine am Boden liegen und die Büffel ihrer Opferung harren. Es herrscht ausgelassene Stimmung, Musik dröhnt aus Lautsprechern, Wein und Bier fließen in Strömen.

„Dort hinten werden die Tiere geschlachtet, das ist ganz wichtig, weil mit dem frischen Blut die Seele der Toten ins Jenseits gelangt. Die Jungen stecken den Büffel Bambusrohre in den Hals, um das Blut aufzufangen, gehen Sie ruhig hin, schauen Sie sich das an, die Leute freuen sich, vielleicht können sie ja mitmachen, einfach immer dem Geschrei nach, Sie finden es dann schon“, ermuntert uns Eman.

„Auch die Beisetzung selbst ist kein Abschied für immer, die Toten werden in einem Felsloch „schlafen gelegt“ und vor dem Türchen „Tau-Tau“-Puppen aufgestellt, also Holzfiguren, die den Verstorbenen ähnlich sehen und so helfen sollen, das richtige Loch wiederzufinden, wenn man die Toten besuchen möchte. Etwa alle drei Jahre holt man nämlich die Toten wieder aus ihrer Höhle, um im gemeinsamen Kreis zu essen und zu feiern, und ab und zu abgestaubt und nachbalsamiert zu werden ist auch ganz schön, ja, auch die Toten sind manchmal eitel“ grinst Eman. “Und denken Sie bei Ihrer nächsten Beerdigung ans Toraja-Land!”

© Siegi Kaml 2021-02-01

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