Tage des Schriftstellers: Das Cover-Desaster

Kreative-Schreibwelt

von Kreative-Schreibwelt

Story

Der Tag, an dem ich versuchte, mein eigenes Buchcover zu gestalten, begann mit einem energischen »Heute wird’s nichts mehr geben außer Produktivität!« – Motto, Koffein und zu viel Selbstvertrauen inklusive. Ich setzte mich also an meinen Schreibtisch, öffnete Photoshop (endlich mal keine leere Seite!), und klickte mich durch Filter und Ebenen, bis ich vor einem Bild stand, das aussah, als hätte ein betrunkenes Einhorn auf den Regenbogen gepinkelt.

Ein grell-pinkes Hintergrundmuster, in dessen Mitte ein Comic-Schreibtisch stand, der aussah, als sei er aus Legosteinen zusammengepuzzelt. Darüber schwebte der Titel in einer Schrift, die stark an mittelalterliche Zauberbücher erinnerte. Die Kombination war so … naja, mutig, dass ich mir einen Moment lang selbst applaudierte. Aber nach einem ehrfürchtigen Blick auf den Bildschirm schoss mir kalt der Gedanke durch den Kopf: ›Wenn das Cover so aussieht, wird niemand mehr wissen, dass es um einen jungen Schriftsteller geht. Vielleicht glauben sie, es handele sich um einen Fantasy-Ratgeber für Einhörner?‹

Also lud ich kurzerhand meine Freunde zu einem Feedback-Abend ein. Ich stellte mich in die Küche, reichte Snacks und präsentierte mit theatralischem Ernst: »Trommelwirbel bitte … mein Meisterwerk!« Max, mein langjähriger Kumpel, starrte zehn Sekunden lang, dann murmelte er: »Sieht aus wie … naja, wie ein Cover, das man im Halbschlaf designt hat?« Sarah, die Grafikstudentin in unserem Freundeskreis, seufzte: »Die Farbwahl killt jeden guten Eindruck. Wirkt billig und krampfig.« Und meine Mutter, die stets diplomatisch, aber ehrlich ist, meinte: »Lieber Schatz, da fehlt das Feeling. Es schreit zu laut – dabei ist dein Stil eher subtil und sarkastisch.«

Okay. Das saß. Ich leerte mein Glas Wasser – für Dramaturgie. Ein Déjà-vu: So hatte ich mich gefühlt, als ich meinen ersten Romanentwurf vorgelesen hatte und Oma mich gefragt hat, ob das nicht doch ein bisschen „langatmig“ sei. Nur diesmal ging es um ein Cover, und ich hatte es mir mit digitalen Pinseln selbst »gemalt«.

Am nächsten Morgen wühlte ich in alten Skizzen. Ich erinnerte mich an das Foto von meinem alten, abgewetzten Notizbuch, das ich einst im Café aufgenommen hatte: zerknickt, mit Kaffeeflecken und dem ehrlichen Schlachtruf »Schreib weiter!« auf der ersten Seite kritzelt. Bingo! Dieses Motiv war authentisch, passte zu mir und erzählte eine kleine Geschichte. Ich setzte mich wieder an den Rechner, dieses Mal aber mit zwei grundlegenden Regeln, die mir Sarah noch mitgegeben hat: Weniger ist mehr – und bleib du selbst. Statt Donnervogel-typografien wählte ich eine schlichte, handgeschriebene Schrift. Der Hintergrund wurde dezent vergilbt, die Ränder leicht ausgefranst. In der Mitte prangte mein Notizbuch, umgeben von verstreuten Stiften und einer halb geleerten Kaffeetasse. Keine Einhörner, kein Neonpink – nur pure Schriftsteller-Realität.

Als ich das neue Cover den anderen zeigte, herrschte erst Stille. Dann kam Max mit einem anerkennenden Nicken: »Das ist endlich … authentisch.« Und Sarah grinste. »Manchmal ist das beste Design eben das, in dem du selbst erkennst, wer du bist.«

© Kreative-Schreibwelt 2025-05-28

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Komisch, Hoffnungsvoll
Hashtags