Tagebuch einer Gründerin: Tag 63

Eigentlich hatte ich das Kapitel Fortpflanzung längst abgehakt. Doch dann kam der Stress – und hat Nachwuchs verteilt, als gäbe es Kindergeld auf Rezept. Und trotzdem: Heute hab ich die Kurve gekriegt. Zweimal sogar. Stimmung gedreht wie in einem Wendehammer. Der Tag fing stark an – vielleicht, weil ich gestern endlich mal richtig was geschafft hab. Kein Prokrastinieren, kein „mach’ ich morgen“. Sondern: Mach’ ich jetzt. Und das tat richtig gut. Hat sich angefühlt, als hätte ich dem Stressbaby mal liebevoll, aber bestimmt gesagt: Jetzt ist Ruhe im Karton.

Was kaum jemand sieht: Wenn ein anspruchsvoller Kunde 100 Pizzerien will, die in zwei Tagen mit Kartons versorgt sein sollen, dann ist das kein Snack – das ist ein 3-Gänge-Menü unter Zeitdruck. Die Liste zu erstellen war nur der erste Gang. Die Lieferung ist der Hauptgang. Und dennoch: Meilenstein erreicht. Ich hab kurz gefeiert. Innerlich. Mit einem Espresso. Trotz vollgepacktem Terminkalender hab ich heute auch was für mich getan – naja, nicht Netflix und Chill, sondern: Spanisch gelernt. 18 Tage in Folge. Ich?! 18 Tage durchziehen? Ich schaffe es sonst nicht mal, drei Tage hintereinander pünktlich ins Bett zu gehen. Oder mich abends konsequent abzuschminken. Jetzt sitze ich hier, spreche Spanisch und führe eine Firma, die mehr Mäuler stopft als eine 5-Sterne-Pizzeria (Wunschdenken).

Und wir meinen es ernst. Wenn jemand an Werbung auf Pizzakartons denkt, soll ihm sofort KARTONizza auf der Zunge zergehen – wie geschmolzener Mozzarella. Heute haben wir dem Ganzen wieder einen fetten Meilenstein obendrauf gepackt: eine ganze Seite in der Zeitung! Interview mit dem Redakteur? Check. Fotograf kommt in zwei Tagen zur Halle – 40.000 Kartons live und in Farbe. Das ist Pizza-Werbung zum Anfassen. Und trotzdem: ein mulmiges Gefühl bleibt. Hat der Redakteur den Vibe wirklich gecheckt? Ist unser Humor angekommen oder eher hängen geblieben wie kalter Käse im Karton? Beim letzten Artikel hieß es, wir seien erst „seit ein paar Monaten“ im Game – dabei rocken wir jetzt schon Projekte für Big Player. Außenauftritt: 10/10. Ausführung: erste Sahne. Trotzdem – Anfängerfehler. Wird uns nicht nochmal passieren. Und dann – wie aus dem Nichts – flattert auch noch ein Pitch-Termin für die Jurysitzung rein. Förderantrag, Bühne frei. Klar, wir finanzieren uns selbst. Aber Wachstum braucht Geschwindigkeit. Und Geschwindigkeit braucht Support. Diese Förderung zeigt: Wir fliegen nicht nur unter dem Radar – wir sind das Radar. KARTONradar. Ja, der Termin ist noch vor meinem Urlaub. Aber ich meckere nicht. Mein Geschäftspartner unterbricht für unseren Pitch sogar seine Auslieferung und fährt mal eben 400 Kilometer. Weil: Dieses Baby soll laufen lernen. Und auch wenn ich dachte, die Fortpflanzung wäre passé – am Ende hab ich doch ein echtes Herzensprojekt in die Welt gesetzt.