von Rebekka Görtler
Jeden Tag dieselbe Leier. Aufstehen, duschen, Frühstückseier. Ach nee, ist ja kein Wochenende und es muss fix gehen.
Der Wecker klingelt viel zu früh. Ring, Ring! Ja, ja, ich komm’ doch schon. Im Halbschlaf wanke ich ins Bad. Muffig, müde und träge. Eine kalte Dusche soll mich erfrischen.
Was ziehe ich heute an? Schön und stylisch oder doch einfach bequem? Ich bin immer noch muffig, müde und träge – aber jetzt zumindest mit Vanilleduft. Ein weißes T-Shirt und blaue Jeans. #outfitoftheday
Am Tisch erwartet mich mein Frühstück. Weetabix. Zuckerfrei, ballaststoffreich und… Ist doch egal. Koffein muss rein, sonst halten sich meine Augenlider keine zwei Minuten oben. Heiß und schwarz. So mag ich das.
Aber es bleibt nur wenig Zeit, dann muss ich los. Jacke anziehen, Rucksack schultern. „Tschüss, Mama!“
Eigentlich sind es nur fünfzehn Minuten Fußweg. Unter anderen Umständen kein Problem für mich, aber das vorausschauende Ziel macht mir jeden Schritt so schwer. Wie mit Füßen aus Beton schleppe ich mich über den Asphalt. Ob ich doch noch einen Umweg nehmen soll?
Plötzlich bin ich schon da. Mit hängendem Kopf öffne ich die Tür. Geschrei, Getobe, Zickereien. Willkommen in der Hölle, denke ich.
Noch zehn Minuten bis zum Beginn. Ich schlurfe zu meinem Platz und setze mich. Mein Rücken schmerzt von der Last des Ranzens, aber schwerer wiegt meine Sorge, was mich heute erwarten wird. Ein überraschender Test? Eine Vokabelabfrage? Mir fallen viele Horrorszenarien ein, doch jetzt ist es zu spät um zum Philosophieren. Die Klasse verstummt. Keiner lästert mehr, keiner daddelt am Handy, denn da steht er schon. Immer pünktlich und nie zu spät. Mein Lehrer. Ein Meister des Faches Folter. Ach ja, und Mathe natürlich.
Es wird ein harter Tag. Stunde um Stunde quäle ich mich durch langweilige Monologe und Arbeitsblätter. Erst als es klingelt, bin ich erlöst.
Vorerst.
Nach dem Mittagessen, Nudeln mit Tomatensoße, geht es nämlich weiter. Hausaufgaben. Ich will mich ja schließlich nicht langweilen. Wer braucht schon Freizeit und Erholung?
Fix und fertig falle ich abends ins Bett. Ich bin eingeschlafen, noch bevor mein Kopf das Kissen berührt.
Und morgen, ja, morgen, da geht das ganze Spiel von vorne los. Jedes Mal wieder. Tag für Tag, Jahr für Jahr. Denn täglich grüßt das Murmeltier. Zwölf ganze Jahre lang…
© Rebekka Görtler 2022-08-05