Taktisches Foul

Franz Olisar

von Franz Olisar

Story

Seit jeher gehören zum Fußballsport die „psychologische Kriegsführung“ und das sogenannte „taktische Foul“ genauso dazu wie der runde Ball und das eckige Tor. Selbstverständlich werden solche Aktionen seit jeher auch von den Schiedsrichtern entsprechend bestraft. Eine eindeutig erkennbare Absicht erhöht dabei den Strafrahmen. Und so hat sich im Laufe der Zeit ein Wettbewerb entwickelt, die Absicht einer psychologischen Attacke möglichst gut zu verschleiern. In diesem Sinne entwickeln sich eben Fußball und taktisches Foulspiel stets im Gleichschritt weiter. Gerade bei Weltmeisterschaften werden gerne neue Trends und Innovationen vorgestellt und praktiziert, die dann schnell wieder als völlig veraltet gelten. Beispielsweise war das heute beinahe urzeitlich anmutende „Textilfoul“, also der gezielte Griff an Trikot oder Sporthose, um den Gegenspieler in Brustwarze oder Genitalien zu zwicken und ihn damit am erfolgreichen Torschuss zu hindern, zumeist deutlich als absichtliche Beeinflussung des Unterbewusstseins zu erkennen, weil man eine solcherart gezielte Aktion auf dem Fußballfeld nur schwer als „natürliche Bewegung im Zweikampf“ wegargumentieren konnte.

Bei der vorletzten WM schließlich wurde die psychologische Kriegsführung, also die gezielte Beeinflussung des Unterbewusstseins, noch vorwiegend, bei jeder sich nur irgendwie bietenden Gelegenheit, durch eine als sportlicher Zweikampf getarnte, gezielte Ellbogenattacke ins Gesicht des Gegenspielers praktiziert. Der Mensch ist nun einmal so konzipiert, dass ihm sein Unterbewusstsein signalisiert, nicht gleich wieder auf die heiße Herdplatte zu greifen, auf welcher man sich gerade die Finger verbrannt hat. In gleichem Maße signalisiert ein wuchtiger Ellbogencheck mitten ins Gesicht dem Unterbewusstsein des Geschlagenen, die Einsatzbereitschaft bei den folgenden Zweikämpfen etwas zu mindern, da schon beim nächsten Zweikampf das Jochbein oder das Nasenbein zu Bruch gehen, oder eben die Zähne ausgeschlagen werden könnten. War diese Art der psychologischen Kriegsführung bei der vorletzten WM noch ein praktikables und wirksames Mittel, so gilt sie heutzutage schon wieder längst überholt, weil Verbände und das Schiedsrichterwesen darauf reagiert haben, und solche taktischen Varianten mittlerweile durch gelbe und rote Karten mehr und mehr zu unterbinden versuchen, und diese Vorgehensweise somit zum eigenen Nachteil gereichen könnte.

Aus diesem Grund hat man sich bei der letzten WM im Bereich der gezielten psychologischen Beeinflussung umorientiert. Aktuell sind die Spieler angehalten, diese Spielvariante dahingehend umzusetzen, dass man sich bei jeder sich nur irgendwie bietenden Gelegenheit auf den Fußbereich des Gegenspielers konzentriert, um gezielt gegen den Knöchel oder auf die Ferse des Gegenspielers zu springen, oder ihm zumindest mit voller Wucht auf den Vorfuß oder auf die Zehen zu steigen. Im Unterbewusstsein des Gegners erzielt man damit den gleichen Effekt wie bei den veralteten Ellbogenattacken. Die unterbewusste Sorge oder sogar Angst vor einem Knöchelbruch, einem Abriss von Seitenbändern und Achillessehnen, oder auch nur vor einer simplen Quetschung des Mittelfußknochens samt Zehenbruch hemmt die Einsatzbereitschaft in den folgenden Zweikämpfen zumindest im Minimalbereich. Und gerade das kann ein entscheidender Faktor in einem ausgeglichenen Spiel auf Augenhöhe sein.

© Franz Olisar 2024-01-24

Genres
Romane & Erzählungen, Humor& Satire
Stimmung
Komisch, Entspannend