Talent, harte Arbeit & die Polgar Schwestern

Um sich im Schreiben zu verbessern wird empfohlen, zu schreiben. Das ist keine Überraschung, obwohl weitläufig angenommen wird, das man in Fähigkeiten entweder talentiert ist oder nicht.

Unzählige kluge Köpfe versuchten die Frage zu beantworten, welche Eigenschaft mehr Vorteil bringt, harte Arbeit oder Talent. Ich schreibe diesen kurzen Text hier nicht als Antwort auf diese Frage, das wäre eine Anmaßung, aber mein kürzlich entdecktes Interesse für Schach hat eine Anekdote dafür parat.

Laszlo Polgar hat eine eindeutige Antwort auf diese Frage. Der ungarische Pädagoge ist der Meinung, dass jeder Mensch jede Fähigkeit, unabhängig von Talent, durch systematische und kontinuierliche Arbeit erlernen kann. Der Erfolg seiner Töchter gibt ihm recht. Zsuzsa, Zsofia und Judit Polgar sind nämlich allesamt Großmeisterinnen im Schach geworden, die jüngste, Judit, war sogar 27 Jahre lange Weltranglistenführerin. Sie gilt als die spielstärkste Frau im Schach.

Ist es Zufall, dass drei Schwestern, unter gleicher Erziehung und gleichem Training, ähnliche Fähigkeiten in einer bestimmten Sache entwickeln?

Grundlegend glaube ich an Zufälle, aber an diesem und vielen ähnlichen Beispielen erkennt man, dass systematische und kontinuierliche Arbeit an Fähigkeiten Talent auf Dauer schlagen kann. Richtiges Lernen und die passende Umgebung ermöglichen jedem Menschen herausragende Leistungen in ausgewählten Bereichen zu erreichen. Das Heim der Polgars war einem Schachmuseum gleichzusetzen, überall hingen Bilder von großen Schachmeistern, Bücher über Eröffnungen und Verteidigungen zierten Bücherregale.

Was können wir daraus schließen?

Es wird wohl, wie bei so Vielem im Leben, eine Mischung aus mehreren Faktoren sein. Besitzt man eine „angeborene“ Fähigkeit für eine Sache, fördert diese aber nicht, wird dieses Potenzial wahrscheinlich nicht ausgeschöpft. Was jedoch zu gelten scheint, ist, dass unermüdliches Training dazu führen kann, eine Fähigkeit zu entwickeln, auch wenn Talent möglicherweise nicht gegeben ist. Immerhin waren die Polgar Schwestern allesamt ungefähr 3 Jahre alt, als der Vater begann, sie im Schach zu unterrichten. Eine unschlagbare Kombination ist wohl Talent gepaart mit harter Arbeit.

Ich frage mich, ob das auch für Schreiben gilt. Würde ich meinen ehemaligen Deutschprofessor im Gymnasium fragen, würde er mit einem wohlwollendem Lächeln meinen, dass das nicht meine größte Stärke war. Heute macht es mir Spaß, unabhängig davon, ob ich Talent dafür habe oder nicht, aber ich möchte herausfinden, ob an der Annahme von Lazslo Polgar was dran ist.

Seine Empfehlung dürfte lauten: Schreiben. Viel Schreiben. Und dann noch etwas mehr Schreiben.