Meine Schwester und ich, wir waren allein zu Hause eingesperrt, damit wir nicht draußen im Garten oder auf der Straße herumliefen. Waren wir doch noch klein und der Kindergarten hatte geschlossen. Wohlweißlich war der Haustürschlüssel versteckt worden. Wir waren selten allein, doch wenn wir es waren, kamen wir auf die seltsamsten Gedanken. Es gab noch einen zweiten Ausgang. Wir kletterten aus dem Fenster, indem wir einen Stuhl davor stellten. Draußen stand eine Bank davor.
Manchmal waren Spielgefährten bei uns, doch das wurde nicht gerne gesehen und eines Tages sogar verboten. Hatten wir doch mitunter tüchtigen Blödsinn im Kopf. Wir tobten herum, ich plünderte den Küchenschrank, mischte Mehl, Zucker und auch Haferflocken zusammen, was die anderen Kinder essen mussten. Es sah dementsprechend aus, verstreut waren Zucker und Mehl, Mullbinden und Pflaster, eine Schere. Ein richtiges Doktor-Puppenspiel besaßen wir und spielten damit so, als befinden wir uns im Krankenhaus. Ich gab den Ton an, war die Ältere und mir mussten alle gehorchen, was auch getan wurde. Im Bad suchte ich, was man noch im Krankenhaus gebrauchen könnte. Dabei fielen mir Rasierklingen und ein Fieberthermometer in die Hände. Ich legte alles an den Wannenrand. Dann zogen wir uns aus und beklebten die Arme und die Beine mit Pflaster, wickelten uns gegenseitig Mullbinden um, machten sie fest. Wir lärmten und hüpften wild herum. Die Stimmung war fröhlich. Barfuß sprangen wir im Bad über die Fliesen, liefen in die Küche und wieder zurück. Wir waren dabei ganz nackt.
Mir fiel das Fieberthermometer herunter. Es war zerbrochen. Holte die Kehrschaufel und den Besen, schnell fegte ich die Glassplitter zusammen. Der Inhalt vom Thermometer rollte lustig davon, es waren kleine silberne Kügelchen. Eine Weile spielten wir damit. Wir wussten nicht, dass es giftiges Quecksilber war. Sollten es jedoch bald erfahren! Mutter schrie auf, als sie das mitbekam. Es lag später nochauf den Fliesen herum.
Rasierklingen lagen verstreut auf dem Fußboden. Wir traten drauf und tanzten auf ihnen herum. Ein Wunder, dass nichts passiert war! Es wurde uns bald zu kühl, nun zogen wir die herumliegenden Kleidungsstücke schnell wieder an. Danach wurden die Puppen aus ihrem Wagen und dem Himmelbett genommen. Begannen diese Arzt-und krankenhausmäßig zu versorgen, was uns großen Spaß bereitete. Die Zeit verging. Als die Mutter plötzlich in der Tür stand, das Unheil und die Unordnung sah, gab es tüchtigen Krach. Das dauerte lange, bis sie sich wieder beruhigte.
Wir besaßen noch ein Schaffnerspiel mit Schaffnerkelle, Trillerpfeife, Fahrkarten und Fahrkartenlocher, einen Kaufmannsladen mit Inhalt, kleinen Schachteln und viel Spielgeld. Unsere Puppenstube, die jedes Jahr aufgefrischt wurde, indem alles, was verloren oder kaputt ging, ersetzt wurde. Manches schleppten wir nach draußen, in den Garten und unter den Anbau, unter dessen Dach eine Bank, Stühle und ein Tisch standen.
© Elisabeth-Christine Kayser 2021-04-25