von Angelika Bichert
Merkwürdig, oder? Die Sonne scheint, es ist Sommer und mir ist wieder zu heiß. Im Winter ist mir kalt. Zu kalt. Beides passt mir nicht. Dann kommt der Regen und schon wieder stört es mich, denn ich will Sonne. Aber Sonne ist doch zu heiß, denke ich mir wiederum. Ein Schlamassel. Nie zufrieden. Ein Windhauch aus der Ferne, angenehme Wärme und dann wieder Regen. Jetzt reicht es mir, sage ich laut. Ich ziehe meine Regenstiefel an und renne aus dem Haus. Die Sonne sehe ich nicht, stattdessen nur Regen. Aber die Sonne wäre ja sowieso zu warm, der Regen ist aber auch nicht all zu angenehm auf meiner Haut. Nein, stopp. Es reicht. Da stehe ich nun im Regen, will mich kaum bewegen. So nass ist es, sage ich mürrisch. Vielleicht sollte ich einfach wieder hereingehen. Nein. Dann höre ich plötzlich eine Melodie, die erklingt. Eine, die ich zuvor nie hörte, nicht kannte. Sie ruft mir laut zu, komm wir tanzen. Zögerlich schaue ich um mich herum, doch sehe niemanden. Diese Melodie. Sie klingt so furchtbar fröhlich. Fast schon ansteckend und zum Tanz auffordernd. Ach, was soll‘s, denke ich mir und fange heiter an im Regen zu tanzen. Auf einmal spüre ich Freude. Der Regen auf der Haut scheint mich nicht mehr zu stören. Ich verfalle immer mehr dem Takt der Melodie und vergesse für einen kurzen Moment meine Unzufriedenheit über den Regen. Stille. Die Melodie ist nicht mehr zu hören. Ich, nun traurig im Regen stehend, bleibe nachdenklich und überlege ins Haus zu gehen. Nass. Kalt. Dann plötzlich erscheint ein Regenbogen am Himmel, so schön, so klar, so voller Farben. Ich schmunzle. Die Melodie erklingt erneut und ich lasse mich fallen, fallen in die Strophen der Symphonie, der Melodie. Ich, die hier tanzt im Regen, erkannte kaum die Schönheit, die der Regen mit sich bringt. Ohne Regen, kein Regenbogen und ohne Sonne kein Regen. Nach jedem Regen kommt die Sonne. Und vielleicht, ja vielleicht, tanze ich bis dahin einfach im Regen.
Glücklich sein, ist ein jeder Mensch Wunsch. Doch niemand kann dem Lauf des Lebens umgehen, Höhen und Tiefen, sie betreffen jeden. Doch der Mensch kann im Regen tanzen, das Tal durchqueren und die Sonnenstrahlen wieder spüren. Im Regen tanzen bedeuten nicht, dass es keine Schwierigkeiten geben wird. Es bedeutet einen Perspektivwechsel vorzunehmen, denn auch an Regentagen, gibt es Regenbogen.
© Angelika Bichert 2023-05-22