von Gabi Ebermann
Ich wache auf und mir tut wieder einmal alles weh. Beim Schlafengehen war doch noch alles einigermaßen ok! Statt erholsamen Schlaf habe ich über Nacht ein Problem mit meinem rechten Fuß bekommen. Ich humple ins Bad und denke es wird gleich besser, das morgendliche in Schwung kommen wird zusehend mühsamer. Aber es zwickt diesmal nachhaltig, ich plage mich die Stufen ins Wohnzimmer hinunter und fühle mich beim Gang in die Küche wie ein Marathonläufer, der gerade ins Ziel einläuft. Das kann ich jetzt so gar nicht gebrauchen, hab‘ ich doch für morgen einer Wanderung mit Freunden zugesagt. Nicht nur, dass meine Kondition zu wünschen übriglässt, zickt jetzt auch noch mein Körper. Ziemlich sicher hat mein innerer Schweinehund in mir nach verbündeten gesucht. Aber so schnell lasse ich mich nicht unterkriegen. Gleich nach dem Frühstück setze ich mich an den Computer, um ich im World Wide Web nach Tipps für Linderung zu suchen. Dr. Google muss mir helfen meine Wehwechen wieder rasch in den Griff zu bekommen. Tapen! Ja, das könnte klappen. Ich brauche auch noch ein Notizbuch wegen meiner zunehmenden Vergesslichkeit also mache ich mich auf den Weg meine Besorgungen zu erledigen.
Zwei Gassen weiter, ich kaufe ja so gerne im Bezirk, gibt es neben ein paar Supermärkten einige Läden, unter anderem eine Drogerie und ein Papiergeschäft. Ich erstehe im Drogeriemarkt ein blaues Supertape. An der Kassa bekomme ich noch eine Zeitschrift geschenkt. Danke, da kann ich dann mal wieder in Hochglanz nachlesen wie ich mein Leben leben und lieben lernen kann. Ich verdrehe die Augen, klemme das Tape zwischen die Zeitung und dann beides unter meine Achsel. Ich steuere noch schnell das Papiergeschäft an, auf der Suche nach einem handtaschengerechten Notizbuch. Gestöbert, gesucht, gefunden.…..
Beim Bezahlen bemerke ich bestürzt, dass mir das Tape samt Zeitschrift verloren gegangen ist. Letzteres wäre ja noch zu verschmerzen gewesen, aber das Wunderband brauche ich unbedingt, ich will doch bei der bevorstehenden Wanderung nicht hinterherhinken. Mist! Ich durchsuche noch einmal alle Plätze, die ich im Laden auf der Suche nach einem Notizbuch abgeklappert habe. Nichts! Wo hab‘ ich das bloß hingelegt?
Ich klage der jungen Verkäuferin mein Leid und bitte sie, die Dinge für mich zurückzulegen, so sie denn aufgefunden werden. Ich bin ratlos. Das Notizbuch hätte mir in diesem Fall wohl auch nichts geholfen, aber es wird immer notwendiger. In der Blüte meines Lebens werde ich schlicht und einfach schusselig und vergesslich. Das darf doch nicht wahr sein. Ich verlasse den Laden und gehe Richtung Auto, soll ich nochmals ein Tape kaufen? Während ich so nachdenke und mit mir hadere, krame ich grantig nach dem Autoschlüssel. Und siehe da! Zeitung und Tape klemmen nach wie vor im Schutze meines dicken Daunenmantels unter meiner linken Achsel! Mich beschlich das untrügliche Gefühl Dinge könnten höhnisch grinsen.
© Gabi Ebermann 2020-05-02