Tastensinne

Musenzeit

von Musenzeit

Story

Lieber Herr Heinz S.,

bei dieser Gelegenheit möchte ich mich Ihnen gerne unter meinem Pseudonym vorstellen, das zu Ehren für ein Dasein unter dem Einfluss der zahlreichen, altbekannten und neu zu erdichtenden Musen ausgewählt wurde. Diese illustre Gesellschaft dürfte Ihnen aufgrund Ihrer beruflichen Position bestens vertraut sein. Da Musen nun selbstverständlich auch allen story1-Schreibenden jederzeit zur Verfügung stehen, dient mein Name nur als Weckruf, das innovative Musenfeld vielleicht dem einen oder der anderen wieder vor Augen und in die schreibenden Tastensinne zu führen.

Sehen Sie, da worttanzen sie schon, die Musen. Der Titel ist kein Druckfehler. Ich möchte Sie im Geiste gerne für ein augenfälliges wie aufschlussreiches Thema an die Musenhand nehmen und ein wenig zurück in die Vergangenheit eines Mädchens blicken:

Die Wortschöpfung „Tastensinne“ wäre ihm in der Schule von Lehrenden rot angestrichen und mit einem Punktabzug quittiert worden.

„Dieses Wort steht nicht im Duden. Dafür musst du schon eine berühmte Schriftstellerin werden, um ein neues Wort dort einführen zu können“, sprach einst eine rotstiftzückende Lehrperson zu einer 11-jährigen, begeisterten aber sehr scheuen Schreiberinnenseele. Damals handelte es sich um die Wortschöpfung „tapseln“, ein spontanes Worthybrid für die Bewegung zarter, nackter Kinderfüßchen auf glatten Steinplatten. So sehr es das Mädchen liebte, in den Klang der Worte einzusteigen, so angstvoll war sein kindlicher Alltag, geprägt von Szenen, die eine Warteposition der Seele einläuten. Was meinen Sie, hat eine solche Kritik einer machtvollen Person in einem Kind mit jenen Eigenschaften wohl ausgelöst? Eine berühmte Schriftstellerin ist dieses Mädchen jedenfalls nicht geworden. Es hat alle eigenen Wortkreationen schön brav frustriert in sich eingepackt und sich anderen Lern- und Berufslaufbahnen zugewendet, in denen Innovationen weniger kritisch beäugt wurden.

Wie viele Menschen mit ähnlichen Erlebnissen leben wohl da draußen, die ihre ureigenste Sprache verlernt haben, die ihren inneren Sprachstimmen nicht mehr trauen und stattdessen verstummen oder gekünstelte Kopien bekannter Literaturgrößen bis zum gelangweilten Spracherbrechen der ewig gleichen Phrasen widerkäuen?

Wo findet sich wohl der gehaltvolle, ungefilterte Sprachsaft der Gegenwart? Auf story1 darf jede einzelne Geschichte blühen und reift mit der Leserschaft und Kommentaren zu einer saftigen, nährenden Frucht heran.

Story1 ist eine Community für frisch aus den Tastensinnen gepressten Sprachsaft mit dem wertvollen Gehalt an „Vitamin B“, das es in diesen Zeiten ebenfalls braucht, um Vereinsamung, Verunsicherung, Ängste und Depressionen einer Krisenzeit abzuschütteln.

Schreiben Sie, lieber Heinz S., in Ihrer Sprache? Möchten Sie Ihre privaten Tastensinne story1-bemusen lassen? Keine Angst. Wir beißen nicht, wir tippen nur.

Herzlichst, Ihre Musenzeit

© Musenzeit 2021-05-31

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