von Christian Wik
Der alte Mann stand etwas unbeholfen in dem Eingang, sah zu den Dreien hinüber und kniff die Augen leicht zusammen. Dann lösten sich seine Gesichtszüge, er rief ihnen ein laues „Guten Morgen!“ zu und schlurfte ein paar Schritte in Richtung des Hofes. Er trug wieder seine etwas zu weite Hose, welche wieder von den alten Hosenträgern in gewünschter Position gehalten wurden. Die Ärmel des karierten Hemdes hatte er nach oben geschoben, die dünnen weissen Haare stand wirr um den Kopf herum. „Paul!“, rief er. „Kannst du mir morgen gegen Mittag helfen, einen Schrank aufzubauen?“, er lächelte etwas unbeholfen. „Ich habe es allein versucht, aber mir fehlt eindeutig die dritte Hand.“ Er zuckte mit den Schultern. Paul ging ihm ein paar Schritte entgegen. „Natürlich, dann bin ich um 12:00 Uhr bei dir, das schaffen wir dann ganz locker. Ich bringe noch etwas Werkzeug mit, bin wegen des Umzuges ja ganz gut ausgerüstet.“ Georg schien erleichtert. „Das wäre toll, danke dir Paul!“. Sie winkten sich beide kurz zu, Georg drehte sich um und verliess das Haus durch die vordere Haustür. Paul sah zu Juri und Johanna. Die beiden sahen noch immer etwas angespannt aus. „Na gut, dann euch beiden auch einen schönen Tag!“. Johannas Gesicht hellte sich auf. „Danke dir Paul, magst du dich heute Abend mit uns treffen? Wir sind bei Andi, also einem alten Freund von uns, wir treffen uns bei ihm zu Hause. Er wohnt hier in der Nähe, um 18 Uhr würden wir losgehen, was meinst du?“. Er nahm kurz einen Schluck von seinem nicht mehr heissen Kaffee, um sich einen kleinen Moment zum Nachdenken zu verschaffen. Er mag Johanna und auch Juri mit seiner knorrigen Art, auch die verwegenen Gespräche faszinierten ihn auf einer Ebene, welche er so bisher nicht gekannt hatte, auch wenn die Atmosphäre etwas unheimlich war. „Klar, ich bin dabei, das passt mir zeitlich auch ganz gut.“, antwortete er. Juri richtete sich daraufhin etwas auf und gab zurück: „Sehr gut, bring noch drei Bier mit und sei pünktlich!“. „Mach ich, vielleicht werden es auch vier. Also dann bis später, mein Frühstück langweilt sich vermutlich schon in der Tüte.“ Paul hob die Tüte zum Gruss und machte sich nun mit ordentlich Appetit auf den Weg in seine Wohnung. Dort angekommen, versuchte er Jonas zu erreichen, jedoch nahm dieser nicht ab. Punkt 18 Uhr stand Paul mit vier Flaschen Bier in einer Tüte im Hof, zur gleichen Zeit kamen Georg, Johanna und Karl Marx aus dem Hinterhaus. Paul kannte ihn ja aus den Treffen in den Bars, er war gross, trug einfache Jeans, einen Kapuzenpullover und halblange Haare. Sein schmales Gesicht war markant, die Nase kantig und die Augen tief. Als die drei bei ihm angekommen waren, ergriff dieser auch gleich das Wort. „Hallo Paul, schön dich wiederzusehen. Bereit die Welt zu verbessern?“, grinste er ihm entgegen und reichte ihm die Hand. Paul begrüsste ihn selbstbewusst mit festem Händedruck, es fiel ihm aber so spontan keine passende Antwort ein. „Grüsse in die Runde!“, sagte er und blickte alle drei kurz an. Johanna legte einen Arm um Paul, drückte ihn kurz. „Super das du dabei bist Paul, uns Verrückten tut deine ruhige Art wirklich ganz gut.“ Sie lachte ihn an, Paul musste unwillkürlich verlegen wegschauen. Juri blickte wie immer etwas mürrisch, öffnete die grosse Tür und sie gingen geschlossen in den Abend. Paul konnte nicht ahnen, dass dieser Abend sich von den üblichen Gesprächen in den Bars unterscheiden würde.
© Christian Wik 2025-01-24