Trotz Automation und Technisierung sind Stenografie und Maschinenschreiben als grundlegende Fertigkeiten unverzichtbar. Deshalb sind diese Meisterschaften keineswegs nur „sportliche“ Ereignisse. Sie haben unmittelbaren Bezug zur beruflichen Wirklichkeit. Zum Wettkampf treffen sich versierte Könner ihres Fachs. Sie alle haben ihr Geschick bereits unter Beweis gestellt, sei es bei früheren Veranstaltungen oder am Arbeitsplatz. Training, praktische Erfahrung und Talent entscheiden über die neuen Meister. Mit Kurzschrift wird eine Tätigkeit gepflegt, die Hobby und Beruf gleichermaßen sein kann.
In Oldenburg mussten wir das Bahngelände über eine hoch über den Gleisen gelegene Brücke überqueren und ein ganzes Stück durch die Stadt laufen. Wir legten die Schreibmaschine in die leere Reisetasche, trugen sie geschultert oder gemeinsam. Direkt nach der Treppe kam man an mit bunten Bildern/Sprüchen besprühten Wänden vorbei. Dort parkte immer eine „Ente“. Erste der am Donnerstagvormittag (12.5., 9 Uhr) in der BBS II, Gewerbliche Berufsschule, Straßburger Str. 2, ca. 300 m rechts von der Weser-Ems-Halle, zu bestehenden Disziplinen: steigende Ansage Praktikerklasse 2. Sie beginnt mit 160 Silben, steigt um 20 Silben/Minute, endet bei 340 Silben. Ich erreichte 220 Silben, Note 1, nur 2 Fehlerpunkte, 56. Platz von 103 erfolgreichen Schreibern. Vor der Weser-Ems-Halle hatte sich Fa. fiellascript mit einem Wohnwagen aufgebaut. Verantwortliche des Wettschreibens sagten, da sei zu viel Werbung dabei. Es sei nicht zulässig, hier zu stehen. Erwiderung: Wettschreibern aus von fiellascript unterstützten Vereinen würde ein Treffpunkt ermöglicht. Ich hatte die Schreibmaschine dort untergestellt, wir wollten schnell was erkunden. Bereits 11 Uhr war das Computerschreiben angesetzt. Da wir kein Auto hatten, blieb mir nur die Möglichkeit, ein gleichzeitig als Schreibmaschine nutzbares Textsystem mit Display zu verwenden. Der Wettbewerb, an dem ich erstmals teilnahm, besteht aus einer 10-minütigen Texterfassung – fortlaufender Text – von einer maschinenschriftlichen Vorlage, Fehlerzahl höchstens 0,5 % der insgesamt geschriebenen Anschläge. Gefordert wurden für Erwachsene mindestens 240 Anschläge/Minute (1984 unsere Facharbeiterleistung). Ich erreichte insgesamt 3400 Anschläge, drei Fehler. Zweite Aufgabe: Herstellung einer Autorenkorrektur mit höchstens sechs Fehlern nach einem auf Diskette gespeicherten Text und einer Korrekturvorlage, anschließend Ausdruck. In der Praktikerklasse mussten in 10 Minuten mindestens 20 Korrekturen geschafft werden. Leider klappte trotz mehrere Versuche eines der Organisatoren die Textkonvertierung nicht, obwohl nur DOS vorausgesetzt wurde, worüber meine Maschine verfügte. Ich verließ auf Anraten der Verantwortlichen das Wettschreiben, konnte mich somit nicht platzieren. Zum Korrekturlesen musste ich trotzdem erscheinen. Ein Teilnehmer sagte laut: „In der Mappe ist nur die 10-Minuten-Abschrift.“ Ich rief ihm zu: „Das ist bestimmt meine Arbeit.“ und erklärte, dass ich bei den Autorenkorrekturen nicht mitwirken konnte.
Nach getaner Arbeit besichtigten wir Sehenswürdigkeiten. Abendbrot: Restaurant „Die Pfanne“ Bad Zwischenahn
© Annemarie Baumgarten 2024-07-10