von Virginia Hehlert
Lasst mich mein desire, meine Sehnsucht vorstellen. Ihr Name: Me.
Man schenkt der Sehnsucht nicht immer die Anerkennung, die sie verdient. Obwohl Me in mir tagein tagaus schlummerte, gab es da noch etwas anderes. Es war THE Other, kein Feind, mehr der vernünftige Freund, der die gewohnten Wege geht, zwar das Beste für dich will, aber von den eigenen Glaubenssätzen nicht abkommt. Mit diesem Verhalten unterdrückte THE Other häufig Me.
Nichtsdestotrotz schaffte es Me sich zu bewahren. Vergessen konnte ich sie nie. Sie, die eine meiner großartigsten Lieben darstellt. Allerdings verkümmert die schönste Blume, wenn du sie nicht wässerst, ihr Frieden und Sonne schenkst.
THE Other trieb mich zum Lernen, trug mich von Abschluss zu Abschluss. Der Dritte: Mr. Eisenbrecher, der Jedem den Mut nimmt und ein schlechtes Selbstwertgefühl verleiht. In diesem Dreierwolfsrudel stibitzte sich Me jeden kümmerlichen Rest an kreativer Nahrung, die sie sich schnappen konnte. Teilte ihre Reserven gut ein, nie wissend, wann der nächste Schwung an Futter kommen würde. Sie wurde zum lone wolf.
In einem erschütternden Moment, der mein altes Ich sterben ließ, küsste sie mich. Sie half mir mein neues Ich ins Leben zu rufen. Me schenkte mir Mut.
Sie schenkte mir den Mut zu schreiben. Wie war bedeutungslos, Hauptsache ich schrieb.
Me lachte und frohlockte, selbst der einsame Wolf kann einem großen Stück Kreativität nicht widerstehen. Umso mehr ich sie nährte, desto mehr wuchs sie, schenkte mir mehr und mehr Mut.
THE Other spürte wie sehr ich Me zum Denken, zum Atmen brauche, begann Me mit seinen Fähigkeiten unter die Arme zu greifen. Mit Hilfe von THE Others Intelligenz, Logik und Ehrgeiz verhalf er Me und mir Chancen zu erkennen.
Ihr fragt euch, was mit Mr. Eisenbrecher ist? Er existiert immer noch. Besonders zu Anfang muckte er mehrmals auf. Hatten Freunde mich für mein desire des Schreibens belächelt, überschlug er sich regelrecht in seiner hysterischen Stimme: Hörst du! Hör doch! Da war es bereits zu spät für Mr. Eisenbrecher. So besteht das Dreierrudel noch immer, nur lernen sie zu teilen. Selbst Mr. Eisenbrecher dämpft meist die großen Befürchtungen in ein „Hier müssen wir aufpassen.“ oder in ein „Ist das noch unser Weg, den wir gehen wollen?“ ab.
Und so weiß ich, wenn Me mich mal wieder unter der Dusche nervt, eine Idee nach der Anderen sich zu Spiralen wirbeln und zu Showerthoughts werden, ich, da ich immer noch keine wasserfeste Lösung gefunden habe, ich mit meinen nassen Pfoten auf mein Handy tippse, um die Schnipsel der Inspiration einzufangen, dass ich sie niemals wieder aus meinem Leben verbannen darf. Sie gehört zu meinem Ich. Sie ist mein desire. Meine größte Liebe. Die Liebe, die mir Liebe zu mir selbst schenkt.
So schau auch du in die Welt, mach den Mund auf und erkenne dein Herz, dein desire an.
© Virginia Hehlert 2023-02-20