The exchange student: The one who got away

Wir durften uns nur nicht küssen. Alles andere war erlaubt. Wir ließen unsere Hände über unsere Körper gleiten. Wir stöhnten nur leise und erstickten sämtliche Geräusche. Keine:r sollte mitbekommen, was wir hier taten. Es musste geheim bleiben. Wir gestanden es nicht einmal uns selbst ein. Doch unsere vor Begierde zitternden Körper verrieten uns. Wir wollten beide mehr und konnten nicht. Ein Kuss hätte bedeutet, dass dies mehr war als nur ein One-Night-Stand. Einfach nur zu ficken hätte bedeutet, unsere Gefühle füreinander zu leugnen. Und auch unsere bisherige Freundschaft. Also verblieben wir im Limbo, ließen unsere Hände über unsere Körper gleiten und sehnten uns nach so viel mehr.

Doch es ging nicht. Er hatte eine Freundin. Das war zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben definitiv ein Hindernis. Doch der Alkohol diente als Ausrede. Er verschob unsere Grenzen, ließ unsere Berührungen flüchtig werden und steuerte unsere Hände. Die neue Grenze zog sich über unsere Lippen. Wir durften uns nicht küssen. Keine:r von uns konnte die Grenze überschreiten, obwohl wir beide uns danach sehnten. Das ging jetzt schon seit Wochen so. Nicht die Berührungen. Aber das Kribbeln, die Blicke, der Drang, ständig beieinander zu sein. Wann immer wir eine Ausrede fanden, waren wir beieinander. Auf jeder Party setzten wir uns wie zufällig nebeneinander und konnten nicht voneinander ablassen. So wie in dieser Nacht. Die bald vorbei war.

Am Tag darauf kam seine Freundin zu Besuch aus England angereist. Ich vermied ihn fortan und dann, einen Monat später, war er weg. Sein Auslandssemester war vorbei. Auf der Abschiedsfete, die er in der Heimbar gab, brach ich auf der Toilette in Tränen aus. Er hörte durch eine Freundin davon und kam zu mir. Seit jener Nacht hatten wir uns zwar hin und wieder gesehen, aber nie darüber geredet. Jetzt sagte er zu mir: „Hi, nicht weinen. Wir werden uns ja wiedersehen.“ – „Ja, aber es wird nicht das Gleiche sein. Statt uns jeden Tag über den Weg zu laufen und ständig miteinander Party zu machen, wirst du in London leben. Und ich bleibe hier in Wien. Ich werde deine Freundschaft so vermissen.“

Was ich nicht sagte: Wenn du hierbleiben würdest, könnte das mit uns vielleicht was werden. Denn wir haben heftige Gefühle füreinander und auch wenn dein bester Freund meinte, dass deine aktuelle Freundin die Richtige für dich ist, könnte er falschliegen. Meine Gefühle sagen nämlich etwas anderes. Doch ich ließ diese Worte ungesagt und meine Chance verstrich. Der gemeinsame Moment unserer Nacht war ungenutzt verstrichen und er verschwand – vorerst – aus meinem Leben.