The Royal Highness

Hermann Karosser

von Hermann Karosser

Story

Nun ist er also doch noch kurz vor seinem 100. Geburtstag gestorben, His Royal Highness Prince Philip, Duke of Edinburgh. Normalerweise wĂ€re mir das so was von am A. 
 vorbeigegangen, bin ich doch weder Royalist noch der ‚Yellow-Press‘ zugetan.

Aber nachdem ich fast 7 Jahrzehnte meines Lebens nicht viel mehr ĂŒber diese Person wusste, als dass er der Prinzgemahl der britischen Königin Elisabeth II ist, habe die letzten Monate so viel ĂŒber ihn und sein Leben gehört und gelernt, dass ich ihm am Ende richtig ‚nahestand‘ und mich sein Tod mehr berĂŒhrte, als er es vor einem halben Jahr noch getan hĂ€tte.

Story.one ist kein Medium fĂŒr Film- und Fernsehkritiken, es gehört aber zu meinen Geschichten, dass wir eines Tages im Jahr 2020 begonnen haben, die ersten Folgen der britischen Fernsehserie ‚The Crown‘ zu streamen und anzuschauen.

Ich gebe zu, dass es fĂŒr mich zunĂ€chst ein ZugestĂ€ndnis an meine liebe Gattin war, die nach meinem Vorurteil wie die meisten weiblichen Fernsehkonsumenten Klatsch- und Tratschberichte liebt. Schon nach wenigen Folgen bin ich aber geradezu zum Fan dieser Serie avanciert, die – obwohl keine Dokumentation – sich erfreulich nahe an der Wahrheit und Wirklichkeit zu orientieren scheint.

Vielleicht war ich im Geschichtsunterricht nicht genĂŒgend aufmerksam, wahrscheinlicher ist allerdings, dass uns das im Rahmen der generellen VernachlĂ€ssigung der jĂŒngeren Geschichte des 20. Jahrhunderts gar nicht beigebracht worden ist, jedenfalls habe ich mit ‚The Crown‘ eine Menge interessantes zum ersten Mal gehört.

Dabei geht es in erster Linie natĂŒrlich um die Queen: Unglaublich jung fiel ihr dieses Amt zu. Selbst erkennend, dass ihr viel zu wenig Bildung zuteilgeworden ist, stieß sie mit ihrem Wunsch um Unterricht auf VerstĂ€ndnislosigkeit beim Hofstaat. Churchill nahm sie anfangs ĂŒberhaupt nicht ernst, verweigerte ihr sogar zunĂ€chst die Krönung. Die Wahl ihres Gemahls warf man ihr lange Zeit vor, hatte er doch auch Wurzeln bei den verhassten Deutschen. – Und Philip, der hatte mit der Rolle dessen, der immer einen Schritt hinter seiner Gattin bleiben musste, besonders in jungen Jahren schwer zu kĂ€mpfen, fand aber schließlich seinen Weg, auch als Familienoberhaupt. – Höchst interessant und tragisch auch das Leben seiner Mutter, einer Urenkelin der Queen Victoria, die ihre Kindheit und Jugend ĂŒberwiegend in psychiatrischen Einrichtungen zu verbringen gezwungen wurde. Erst 1967, zwei Jahre vor ihrem Tod, begann ihr Sohn Philip sich um sie zu kĂŒmmern. Sie war zu dem Zeitpunkt Nonne in einem armseligen Kloster. – Auch von Ereignissen wie der Bergwerkskatastrophe von Aberfan in Wales, bei der 144 Menschen ums Leben kamen, davon 116 Kinder in einer Schule, hatte ich zuvor nie gehört.

Und so verneige ich mich vor der Lebensleistung des verstorbenen Duke of Edinburgh und bedanke mich bei den Machern der Fernsehserie ‚The Crown‘ fĂŒr den mir so spĂ€t zuteilgewordenen Geschichtsunterricht.

© Hermann Karosser 2021-04-12

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