The Swiss Machine

LucianX

von LucianX

Story

Er ist Pionier, Solokletterer und Extrembergsteiger. Doch viel wichtiger: er ist Botschafter und Beschützer unserer Berge. Viele Menschen verbindet, dass sie die schwierigsten Berge der Welt bezwingen können. Aber nur wenige machen das im Einklang mit der Natur. Kein zusätzlicher Sauerstoff bei Achttausendern. Keine zubetonierte Wand mit eingemeißelten Haken. Ueli bringt Respekt und Ehrfurcht gegenüber den Bergen und den Menschen mit, die sie verehren. Diesen Kult gibt es übrigens nicht nur im Himalaya, wo Gipfel wie der des Gangkhar Puensum bis heute unbestiegen sind. Bhutan hat das Bergsteigen verboten, aber nicht nur, weil gläubige Menschen ihn als Sitz der Götter sehen. Auch in den Alpen gab es religiöse Ablehnung. Das Unglück bei der Erstbesteigung des Matterhorns gilt als Paradebeispiel. Lange bekam es der überlebende Lokalmatador Taugwalder zu spüren. Von der Kirche und seinen Mitbewohnern. Nicht nur wegen des berühmten Seilrisses.

Ein getriebener Schweizer. Wer die Schwīz und das Naturell der Emmentaler mit all seinen Vorurteilen kennt, weiß es. Ueli Steck hatte es nie leicht. Ihm standen nicht nur die Berge als übermächtige Gegner gegenüber, sondern auch die Menschen mit all den Vorurteilen einer Spießergesellschaft. Genau: ‘Wir Schwyzer machen alles auf Sicherheit und wenn mal was nicht klappt, isches die dotalä Kataschtrophä. Aber wir müsse des akzeptiere, es isch nüd 100 Prozänt‘, klagte Steck einmal.

Ein Mensch, der sich forderte, andere förderte aber niemals Forderungen stellte. Völlig zu Unrecht attackierten ihn fast 100 Sherpas im Himalaya. Damals wäre er fast draufgegangen. Sie warfen blumentopfgroße Steine nach ihm, als er im Zelt Zuflucht suchte. Seine letzten Gedanken waren: Ich habe die größten Berge der Welt bezwungen und jetzt sterbe ich durch die Hand Gleichgesinnter.

Er konnte sich retten. ‚Der Mensch braucht Herausforderungen, er braucht ein gewisses Abentüja und wennsches nimma häsch, bisch dod!‘ Ueli brachte es auf den Punkt, warum ihn die Leidenschaft zum Leiden trieb. Warum er als Botschafter der Berge Millionen Menschen faszinierte, die seine Leistungen nicht nur bewunderten. Sie wurden vielmehr aufgerüttelt. Durch seine Ehrfurcht und Bescheidenheit.

Auf die Frage, was der in den Medien kaputterzählte Massentourismus am Mt. Everest mit Staus und Sauerstoffmasken beim ihm auslöste, bekam der Reporter nicht seine ersehnte Antwort. Ueli konnte sich zwar eine kleine Ironie nicht verkneifen, als er zusammen mit seinem kanadischen Kameraden die einzigen Kletterer ohne künstlichen Sauerstoff waren. ‘Das wirkte mit den Masken wie ein Atomunfall auf 6.500 Metern, aber die Berge gehören allen’, reüssierte Ueli. Aber auch: ‘Jeder, der so den Mount Everest bezwingen will, soll das auch tun.’

Ueli war ein ganz Großer, der einmal Pech hatte.

Sein Vorbild hat viele neue Bergsteigergenerationen inspiriert, die seine Gedanken und Taten niemals vergessen lassen.

© LucianX 2021-03-22

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