Theben ohne Touristen

Elke R. Richter

von Elke R. Richter

Story

Zum Besuch von Theben-West überquerten wir den Nil mit einem Boot. Ein Ehepaar hatte sich angeschlossen. Am anderen Ufer mieteten wir eine Pferdedroschke mit einem Führer. Wir kamen ins alte Dorf Kurna, dessen Männer seit Generationen Grabräuber waren. Auf der Straße dorthin begegneten wir vereinzelt Einheimischen, die uns nicht beachteten. In der Nähe lag der zum größeren Teil zerstörte Totentempel Sethos I. Nach einer kurzen Besichtigung der sehenswerten Reliefs ging es weiter auf dem Weg, auf dem einst die Leichenzüge der Pharaonen feierlich dahingeschritten waren. Dann fuhren wir ins Tal der Könige, wo alle Pharaonen der 18. und 20. Dynastie in Felsengräber beigesetzt wurden.

Wir besichtigten die Gräber von Sethos I., Ramses VI. und Amenophis II. Hier hatte man eine große Menge von Uschebtis entdeckt. Das waren kleine, mumienförmige Figuren, die Arbeiter oder Diener darstellten. Sie sollten für den Toten im Jenseits die Arbeit verrichten. Auch in das Grab von Tutanchamun stiegen wir herab. Die Schätze befanden sich im Museum in Kairo, aber die Mumie lag in einem reich geschmückten hölzernen Sarg.

Weiter ging die Fahrt nach Der el-Bahri, dem Totentempel der Königin Hatschepsut. Er wurde in drei Terrassen am Fuß eines Gebirges errichtet. Wir standen allein vor dieser mächtigen Anlage. Nur eine Gruppe von einheimischen Arbeitern zog eine Karre mit einem Kasten zur zweiten Terrasse. Wahrscheinlich wollten sie ungestört Restaurierungsarbeiten durchführen, denn außer uns waren keine weiteren Besucher da.

In Ruhe konnten wir uns die Darstellungen in den Innenräumen anschauen. Beeindruckend waren die Wandmalereien der Handelsexpedition nach Punt und die Abbildungen der Geburt von Hatschepsut. Die Bauten der dritten Terrasse waren weitgehend zerstört.

Etwas weiter weg befanden sich die Privatgräber. Als schönste Grabstätte galt das Grab des Nacht, der zurzeit Thutmosis IV. als Astronom tätig war. Die farbenprächtigen Malereien zeigten vorwiegend Feldarbeiten und die Tätigkeiten des Herrn und seiner Gemahlin. Ein Festmahl wies auf das luxuriöse Leben der reichen Ägypter vor ca. dreitausendvierhundert Jahren hin. Tänzerinnen und Musikantinnen unterhielten die Gäste.

Inzwischen war es heiß geworden, aber der Weg zum Ramesseum war nicht mehr weit. Inmitten einer Wüstenlandschaft stand der einstmals gewaltige Totentempel Ramses II. Wir betraten die Ruinen, am Eingang war noch ein Pylon erhalten, im Tempelhof lagen die Trümmer eines Ramses-Kolosses. Er dürfte etwa 18 m hoch gewesen sein.

Auf dem Weg zurück zur Siedlung Neu-Kurna erhoben sich aus der flachen Ebene zwei Sitzbilder, die Memnonkolosse. In der Nähe befand sich der völlig vernichtete Totentempel des Pharao Amenophis III. Die Statuen waren aus einem Sandsteinblock herausgeschlagen und hierher transportiert worden.

Am späten Nachmittag kehrten wir nach Luxor zurück, wo wir uns im Swimmingpool vom Staub der Wüste befreiten.

© Elke R. Richter 2022-04-24

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