Seine Füße schmerzen nach seinem viel zu langen Arbeitstag bei viel zu hohen Temperaturen. Obwohl er erst seit kurzem zehn Jahre alt ist, arbeitet er seit einiger Zeit auf einer Vanilleplantage mitten in Madagaskar. Jeden Tag arbeitet er von frühmorgens bis spät in die Nacht hinein, freie Tage gibt es nur vereinzelt und Urlaub schon gar nicht. Sein geringer Lohn reicht gerade aus, um seine fünfköpfige Familie mit Trinkwasser zu versorgen, denn nicht einmal das bekommt er auf der Plantage. Nur eine Matratze pro Person steht den Arbeiter*innen zu. Essen, Wasser und Kleidung müssen sie mit ihrem geringen Lohn bezahlen. Gemeinsam mit seiner Familie und über hundert weiteren Arbeiter*innen ist er in einem Haus drei Kilometer von der Plantage entfernt untergebracht. Der Besitzer der Plantage will nämlich unter keinen Umständen, dass die unmenschlichen Arbeitsbedingungen seiner Plantage an die Außenwelt dringen, denn mit seiner Vanille beliefert er die ganze Welt. Er verkauft sie mit dem Qualitätsmerkmal einer menschenfreundlichen Produktion, ohne Kinderarbeit, mit fairer Entlohnung und geregelten Arbeitszeiten.
Doch hinter der Fassade sieht es ganz anders aus, das weiß Themba aus eigener Erfahrung. Er selbst arbeitet 60 Stunden und mehr pro Woche, ebenso der Rest seiner Familie. Nur seine zweijährige Schwester Maeva muss noch nicht arbeiten. Da es jedoch niemanden gibt, der auf sie aufpassen könnte, tragen sie Thembas Mutter oder Vater meistens auf ihren Rücken mit sich herum, während sie arbeiten.
Themba kennt nur das Leben auf der Plantage, denn er ist bereits hier geboren. Er weiß jedoch auch, dass andere Kinder in seinem Alter zur Schule gehen, sich mit Freund*innen treffen und in ihrer Freizeit Fußball spielen. Das alles kennt Themba nicht, er hat noch nie eine Schule von außen und schon gar nicht von innen gesehen. Schreiben kann er nicht einmal seinen eigenen Namen und Zeit für Freund*innen bleibt ihm sowieso nicht.
Aber eines weiß Themba, er will diese Plantage so bald wie möglich verlassen. Er will zur Schule gehen und Freund*innen finden. Er will beweisen, dass auch Menschen wie er etwas erreichen können. Und vor allem will er den Reichen zeigen, dass auch das Leben der Armen lebenswert ist.
© Sarah Atzlesberger 2023-07-25