Thor

Luna Winkler

von Luna Winkler

Story

Gewitterschwaden ziehen auf, Donner erklingt von weit entfernt, bis des Blitzes Faust sich schwingt und der Kreis nimmt seinen Lauf. Sich drehend ein Orkan sich windet, Bäume zirpen, Ă„ste wimmern, bis des Tages Licht entschwindet, ganz weit weg, sein Strahl nun geht. Dunkelheit die Erd‘ ummantelt, sie fesselt, knebelt, bis sie strampelt, vor lauter Qual, der Folter wegen, hasst sie doch den Schauerregen.

Und während still die Welt verendet, durch die Hand des Gottes Thor, die Welt fĂĽr ihn schlicht ein Amboss, den es gilt zu schlagen nur, und Lichtblitz um Lichtblitze es blendet, das Aug‘ der Erde unwillkĂĽrlos, liegen du und ich hier unten, hören zu und schweigen bloĂź.

Und wenn der Himmel droht zu fallen, auf unser Haupt, auf unsre Knie, so wollen wir nichts weiter tun, als zu sagen „ist das schön“. So lass den Boden reiĂźen, in Krater, in Schluchten, tiefer als ein Berg, und AbgrĂĽnde unsre Herzen bangen, wir werden sagen „zerstör noch mehr.“

Und wenn Bäume vor unsren Lidern brechen, sich krĂĽmmen, bersten, niederbrenn, so wollen wir nur still genieĂźen, lächeln, sagen „herrlich, Mensch“. Lasst den Himmel springn und blöcken, sich aufbäumen wie ein unzähmbares Ross, wir werden nach oben sehn und denken „schön, wie er handwerkt, der hohe Boss”.

Doch wenn der Sturm fort und die Wolken leer, so wollen wir uns doch besinnen, es gibt nichts Schöneres als zusamm‘ zu leiden, selbst dann, wenn all die Umstände stimm. Dann werden wir uns dem Leben zu wenden, die Decke einpacken und wieder gehn, zurĂĽck ins alte, Frust gefĂĽllte Leben, in dem die Umstände so gar nicht stimm.

Und wenn das Leben den Hammer schwingt, Zweifel zerstört, Hass bezwingt, so wollen wir an das Gewitter denken, das uns verweht, in uns bebt, in uns stürmt und in uns hagelt, uns zermalmt mit seiner Faust, fast wie Thor mit seinem Hammer, wenn er der Welt macht den gar aus.

Was ist der Mensch schon in einem Sturm, der alles andre niederschmettert, wenn er nicht hat ein andren Menschen, der mit ihm liebt und Thor vergöttert, der da fleißig ist am Werk, die Welt in ihre Schranken weist und den Mensch in sein Leben scheucht, dass genauso eilig wie der Regen, sich im Fass sammelt und überläuft.

Was wär‘ ich schon ohne jenen Mensch, der meine Hand zu sich nimmt und meint, fĂĽr ihn wäre ich seine Welt, egal wie schlecht Thor es mit ihr auch meint.

© Luna Winkler 2022-06-27

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