von Rhea S-
Ich habe mich in einen Junkie verliebt. Ich stehe auf und er liegt neben mir. Er liegt neben mir wie vor 2 Jahren, immer noch der gleiche Mensch, nur ohne Drogen. Ich habe nie gekokst und auch nicht durch ihn angefangen. Ich konnte mich immer zurückhalten. Es reizt mich nicht, weil ich jeden Tag sehe wie kaputt er dadurch ging. Ich wollte eigentlich nur ein bisschen Gras kaufen und bekam dafür von einem Bekannten seine Adresse. Das war der Anfang von dieser, kurz hoffnungslosen Geschichte mit Happyend. Als ich in die Wohnung lief, war einer am koksen und er saß auf dem Boden mit einer Petflasche in der Hand, oben drauf ein bisschen Alufolie. Er zog daran und lehnte den Kopf an der Wand an. Ich blieb zuerst wie versteinert stehen, ich hatte und habe nie etwas mit anderen Drogen als Gras Zutun gehabt. Mein Instinkt fing an zu handeln. Ich stieg über die Klamotten am Boden, ein großer Schritt und ich stand vor ihm, ich nahm ihm die Flasche aus der Hand und fragte direkt: „Was ist das?“ Er schmunzelte kurz und sagte dann: „Gib mir die Flasche wieder“ Ich sagte: „Nein!“ und machte einen Schritt zurück. „Ist das Heroin?“ Er schmunzelte wieder und meinte: „Nein das ist nur Crack, kein Heroin.“ Ich blickte erneut zur Flasche, dann wieder zu ihm und meinte: „Nein lass das jetzt, komm rauche einen Joint und leg das weg bis ich wieder gegangen bin. Das kannst du machen, wenn du alleine bist.“ Ich zog ihn am Arm bis er aufstand und lief als erste aus dem Zimmer, Richtung Wohnzimmer. Die Wohnung war überfüllt, der Boden dreckig und klebrig. Alle Fensterläden waren geschlossen. Links neben dem Sofa stand ein großer schwarzer Tisch, er sah so aus als diente er dazu das Koks und andere Drogen abzupacken. Auch ein weißer großer Teller stand da, mit einem Röhrchen drin und Koksresten. Der kleine Wohnzimmertisch aus Glas war mit Asche übersät. Klebrige runde Kreise von Gläsern und Flaschen prägten ihn. Zwei 160L Abfallsäcke waren überfüllt mit Alkoholflaschen und Pizzakartons. Ich ging näher zu dem Sofa, sah mich kurz um und setzte mich dann. Ich wollte nicht, das er denkt, ich ekle mich, ich wollte ihm nicht ein noch schlechteres Gefühl geben. Ich habe keine Familie mehr, weil sie in ihm nur den Junky sahen, aber ich fühlte in mir drin, dass er es ist. Ich war immer davon überzeugt das diese Begegnung eine Bestimmung war. Ich war diese kaputte alleinerziehende, die nach einer Vergewaltigung mit zwölf, einer gescheiterten toxischen Beziehung und vielem Psychischen sowie physischen Missbrauch die Perspektive verlor. Ich schwamm in Depressionen und er schwamm in Koks und Geld. Ich war einsam und er auch, wenn er nüchtern war. Deshalb ertrug er den Schmerz nicht ohne Kokain. Ich war die einzige die ihn verstand, so wie er mich. Er hat mich nie verurteilt für meine Vergangenheit, außer er war drauf und hat wieder ein paar Tage nicht geschlafen. Ich fing an, ihn jeden Tag um 08:00 Uhr zu besuchen, nachdem ich meine kleine in den Kindergarten gebracht habe. Er war jedes mal noch wach, bis ich kam. Dann legte er seinen Kopf in meine Schoss und schlief tief und fest ein. Er brauchte mich und ich das Gefühl gebraucht zu werden. Aber es war nicht wie früher, das ich nur da bin um nicht allein zu sein, sondern ich fühlte mich verstanden, wohl und wir haben so viel gelacht. Wir machten den Entzug gemeinsam, weil die Liebe stärker war. Er sagte mir, kein Entzug wäre schlimmer als den, von mir weg zu sein.
© Rhea S- 2024-05-02