Vor ein paar Jahren hatte ich Besuch von einer amerikanischen Freundin, die als Rechtsanwältin arbeitet.
Als wir uns so darüber unterhielten, was für merkwürdige Dinge doch manchmal auf dieser Welt passieren, lachte sie plötzlich. „Du hast ja keine Ahnung, wie recht du hast“, sagte sie. „Vor allem bei unserem Rechtssystem, muss man auf alles gefasst sein.“
Und dann erzählte sie mir von einem ihrer Kollegen, der vor vielen Jahren glaubte besonders schlau zu sein.
Mr. Smith – der eigentlich anders heißt, aber wir wollen den armen Menschen nicht zu sehr bloßstellen und auch noch seinen wahren Namen verraten – hatte darüber nachgedacht, wie er sich ein paar Extradollar verdienen könnte.
Es dauerte nicht lange und er hatte einen Plan, den er sofort zu verwirklichen begann.
Als erstes kaufte er eine Kiste exquisiter Zigarren und ließ sie hoch versichern, unter anderem auch gegen Feuerschaden. Danach rauchte er eine Zigarre nach der anderen, bis keine mehr übrig war.
Er schrieb einen Brief an seine Versicherung und forderte sie zur Zahlung auf, weil seine Zigarren leider durch eine Serie kleiner Feuerschäden vernichtet worden waren.
Die Versicherung staunte sehr und weigerte sich zu bezahlen. Als Argument brachte sie vor, dass er die Zigarren ja nur ihrer natürlichen Bestimmung zugeführt habe und sie deshalb nicht schadenersatzpflichtig wären.
Das akzeptierte der Kollege meiner Freundin nicht. Er ging vor Gericht und klagte seinen Anspruch ein. Glaubt es, oder glaubt es nicht, aber er gewann den Prozess, da die Zigarren gegen jede Art von Feuer versichert waren und keine Haftungsausschlüsse vorlagen.
Die Versicherungsgesellschaft verzichtete auf eine Berufung. Sie akzeptierte das Urteil und bezahlte ihm die vom Gericht zugestandenen 15.000,- Dollar.
Leider endet hier für den schlitzohrigen Rechtsanwalt der erfreuliche Teil der Geschichte, denn die Versicherung holte zum brutalen Gegenschlag aus. Sie zeigte den Anwalt wegen vorsätzlicher Brandstiftung in 24 Fällen an. Als Beweismittel verwendete sie seine eigenen Aussagen vor Gericht und seine zivilrechtliche Klage gegen sie.
Er wurde zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung und zu einer Geldstrafe von 24.000,- Dollar verurteilt.
© Sabine Engertsberger 2020-07-25