„Tinder“ im Jahre 1967!

Vom Internet war 1967 noch überhaupt keine Rede. Also: Ohne Internet kein Tinder, daher gingen wir damals alle live auf die Pirsch.

Es standen zwei Freundinnen, nennen wir sie Helene und Christine, bei einer Ballveranstaltung an der Brüstung im 1. Stock der Veranstaltungshalle einer Kleinstadt in Niederösterreich. Draußen war es bitterkalt und es lag Schnee. Das alte Auto, das sie hergebracht hatte, musste davor noch durch eine Schneewehe geschoben werden. In voller Ballmontur, nur die zarten Schuhe blieben noch in der Tragtasche. Daher konnte man die Mädels in ihren Ballkleidern mit nassem Saum ein wenig frieren sehen. Die beiden beobachteten die Paare auf der Tanzfläche und die Musiker auf der Bühne. Auf die jungen Herren der 6-Mann-Band hatten sie gleich ein Auge geworfen. Helene gefiel der Gitarrist, Christine der E-Bassist. Es wäre doch interessant, überlegten die jungen Damen, die Musiker von der Nähe zu sehen und vielleicht sogar ein paar Worte mit ihnen zu wechseln.

Die Musikstücke der Band waren gut gewählt. Abwechselnd zu solider Tanzmusik wurde auch gerockt, sodass für alle Gäste der richtige Rhythmus dabei war. Helene und Christine beschlossen, sich unter die Tanzenden zu mischen, um sich etwas aufzuwärmen. Tanzpartner waren bald gefunden. Übermütig, obwohl damals nur Cola oder Apfelsaft getrunken wurde, machten sich die zwei Freundinnen auf den Weg zur Bühne. Frech öffneten sie die Türe, durch die man von der Seite auf die Bühne treten konnte, und lugten kichernd aufs Bühnengeschehen. Dabei wurden sie erwischt! Vom E-Bassisten, nennen wir ihn Hans, der die Eindringlinge anlächelte und sich, während er weiterspielte, zu den Mädels hinbewegte. Das ging insofern gut, als die E-Bassgitarre mit einem langen Kabel am Verstärker angeschlossen war. Es gab einen heiteren Wortwechsel und eine Einladung in die Künstlergarderobe zur Mitternachtspause.

Das hatte Folgen für Christine. Sie wurde zum Groupie des Bassisten Hans, dem sie bald auch privat verbunden war. Helene hatte sich aber anderweitig verliebt, was der Freundschaft keinen Abbruch tat. Die Bandmitglieder waren nicht hauptberuflich Musiker und sobald einer sein Studium beendet hatte, stieg er aus der Band aus und blieb dennoch über Jahre mit den Kollegen in Verbindung. Und so kam es, dass nach Jahren an einem Silvesterabend die damaligen Bandmitglieder für ein Engagement in Tirol wieder zusammen kamen. Die meisten waren schon verheiratet, auch Hans und Christine. Während die Männer den Silvesterball rockten, stylten sich die Gesponsinnen im Hotel nebenan. Treffpunkt im Saal war für knapp vor Mitternacht vereinbart. Gerda ging noch zum Auto um etwas zu holen. Der Parkplatz war spiegelglatt….

Und dann ging es hektisch zu: Spital, Röntgen und leider Gipsfuß für die tapfere – trotz allem gutgelaunte – Patientin Gerda.

Pünktlich trafen die Damen vor Mitternacht im Tanzsaal ein! Auf Gerdas Gips häuften sich Kleeblätter, Schweinchen, Hufeisen, Herzen und gute Wünsche! Unvergessen!