Ich verlasse das Krankenzimmer. Im Gang angekommen, steigt mir trotz Mund-Nasenschutz ein starker Geruch in die Nase. „Es hat wohl wieder jemand eine Stammzellentransplantation gehabt“, überlege ich. Jetzt fragst du dich vielleicht: „Wie kann die das riechen?“
Na ja also, das ist so: Die Zellen werden mit einem Mittel konserviert. Wird dieses Mittel dann ausgeschwitzt oder ausgeatmet (?), riecht es ganz stark nach Tomatensuppe.
Am 01.05.2018 ist es dann bei meiner Bettnachbarin so weit. Wehmütig schaut sie aus dem Fenster in Richtung Müllner-Bräu. Anstatt Maibaumaufstellen, Weißbier und fesches Dirndlgwand bekommt sie ihre Zellen via Infusion verabreicht.
Ich beschließe mich etwas sportlich zu betätigen und strample auf dem Ergometer ein paar Kilometer ab. Voller Vorfreude auf meine Kellogg’s, welche ich mir zur Belohnung holen und genüsslich im Bett verspeisen werde.
Nichts Böses ahnend spaziere ich nach dem Training mit der Müslischüssel in der Hand ins Zimmer, und was kommt mir voller Wucht entgegen? Richtig, ein starker Tomatensuppengeruch. Mir wird übel. Warum, riecht doch Tomatensuppe gut?! Keine Ahnung! Ich halte das nicht aus. Da ist doch der eigene Schweiß quasi ein Scheiß dagegen. Die Transplantierte selbst riecht nichts. Das riechen anscheinend immer nur die anderen.
Wenn du jetzt denkst, mach doch das Fenster auf, dann sage ich dir: Fehlanzeige. Die Griffe wurden abmontiert, damit ja niemand auf die Idee kommt, zu lüften und ungefilterte Luft hereinzulassen.
Erschöpft lege ich mich ins Bett. Meine Kellogg’s bring ich nicht runter.
Jedenfalls nach ein paar stickigen Tagen ist wohl das ganze Mittel ausgeschwitzt und der Geruch verschwunden. Doch Tomatensuppe kann ich seitdem nicht mehr riechen, geschweige denn essen.
Dafür mag ich jetzt sehr gerne Knoblauchsuppe. Apropos Ausdünstungen!
© Kristina Fenninger 2020-05-02