von chris_sea
Ich blättere eine Zeitung durch. Auf einer Seite ist ein Akrobat abgebildet, der sich von einem Trapez zum anderen schwingt.
Das Bild fasziniert mich und bündelt meine Aufmerksamkeit.
Die Schwebe, in der sich der Akrobat befindet, wenn er sich von dem einen Trapez zum anderen schwingt, lässt mich über den Prozess von Veränderungen nachdenken.
Der Akrobat kann das Trapez nur loslassen, weil er zuversichtlich ist, dass nach dem freien Fall wieder etwas sein wird, was auffängt und Halt gibt.
Bei großen Veränderungen weiß man nie so recht, was einem begegnen wird. Ein Vertrauensschritt, den Absprung zu wagen.
Nachdem ein Entschluss getroffen ist, folgt die Phase des freien Falles.
In Hinblick auf Veränderung ist der freie Fall nicht auf eine Sekunde beschränkt, sondern dauert im Normalfall deutlich länger. Man befindet sich in der Schwebe.
Zu diesem Zeitpunkt nicht die Nerven zu verlieren und so ruhig wie möglich zu bleiben, kann extrem herausfordernd sein. Wenn das Alte losgelassen wird, kommt zuerst das Unbekannte auf einen zu, weil das Neue noch nicht ganz griffbereit vor einem ist.
Der Prozess, welcher in der Schwebe erlebt wird, ist sehr wichtig, weil hier tief gehendes Vertrauen ins Leben gewonnen werden kann, wenn man dem Prozess nicht durch Ablenkungen aus dem Wege geht. Oft ein schwieriges Unterfangen in einer schnelllebigen Welt wie der unsrigen. Es verlangt extrem viel Mut, sich dem Sprung ins Unbekannte hinzugeben und die Bereitschaft aufzubringen, in dem Zustand eine Weile zu verharren. Ängste, Zweifel und Ohnmachtsgefühle anzunehmen und vertrauensvoll zu warten, was passiert und was da kommt.
Eine Möglichkeit, sich mit dem Leben zu messen und zu lernen in einem Zustand zu verweilen, trotz großer Unsicherheit. Das Leben wird spürbar, vielleicht fühlt es sich sogar überwältigend an.
Das ist die Herausforderung, dem Leben die Stirn zu bieten, Ängsten und Unsicherheiten zu trotzen und auf das Gute zu hoffen.
© chris_sea 2020-12-13