Heutzutage ist es ja ziemlich verbreitet, seinen “Traum”-Partner über das Internet kennenzulernen.
Im Jahre 2002 war das für mich noch unbekanntes Terrain, und ich hatte keinerlei Erfahrungen damit. Ein alter ausrangierter Rechner bei mir zu Hause, der eine gefühlte Ewigkeit brauchte, um sich überhaupt erstmal einzuwählen, war meine Verbindung zum www. Dabei gab er laut flötende und quietschende Geräusche von sich, die vermuten ließen, dass ich gleich auf dem Mars landen werde.
Meine beste Freundin war alleinerziehende Mutter, was ihre Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen, etwas einschränkte. Also versuchte sie es auf einer Online-Partnerbörse. Dort taten sich unendliche Möglichkeiten auf. Man wurde überschwemmt von attraktiven, sympathischen Singlemännern. Bei den ersten Kontaktaufnahmen fiel ein Großteil durch, die Auswahl wurde immer kleiner und kleiner. Ein Typ war wohl überzeugend, so dass bei meiner Freundin das Interesse geweckt wurde, ihn mal etwas näher kennenzulernen. Doch vorher wollte sie ihn auf die Probe stellen und bat mich, auch ein Profil anzulegen und ihn mal zu kontaktieren.
Ich suchte ein nettes Foto von mir aus und erstellte mein Profil. Kaum hatte ich den Typen angeschrieben, da hatte er auch sofort angebissen und überhäufte mich überschwänglich mit Komplimenten und großen Worten. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich dummes Huhn ihm das wirklich abgekauft. Aber glücklicherweise wusste ich es diesmal besser und fiel nicht darauf rein.
Nun war klar, dass dieser Typ so seine Spielchen trieb. Eine Kollegin meiner Freundin startete einen weiteren Testlauf und machte die gleiche Erfahrung mit ihm. Das wollten wir ihm nicht so durchgehen lassen und schmiedeten einen Plan.
In einem Restaurant, bei dem wir einen guten Draht zum Chef und den Kellnern hatten, machte sie mit ihm ein Date aus. Dort gaben wir dem Kellner einen zusammengefalteten Zettel in die Hand, den er dem Typen übergeben sollte. Wir selbst hatten unsere Basecaps tief ins Gesicht gezogen und hielten die Speisekarten so vor die Nase, dass nichts mehr von uns zu sehen war, wir aber alles im Blick hatten. Dann war es soweit. Total nervös lugten wir über den Rand der Speisekarte und erkundeten unauffällig die Umgebung, doch der Typ war nirgendwo in Sicht. Ganze 10 Minuten später tauchte er endlich auf. Wir gaben dem Kellner das verabredete Zeichen und beobachteten aufgeregt, wie er den Zettel entgegennahm und auseinanderfaltete. Die Botschaft lautete: „Schöne Grüße von Deinen Internet-Mädels.“ Ungläubig las er die Nachricht noch mal und noch mal, bevor er den Zettel zerknüllte und wegwarf. Als er sich noch einmal umdrehte, versteckten wir uns schnell hinter den Speisekarten und kicherten amüsiert über unser gelungenes Projekt.
Ob der Typ je seine Lektion daraus gelernt hat, das werden wir zwar nie erfahren, aber ich hatte meine Lehre daraus gezogen und mich von solchen Plattformen seither ferngehalten.
© Katja van der Trappen 2021-09-24